Menümobile menu
Info

Debatte um Paragraph 219a

Evangelische Ethik-Experten: Werbeverbot für Abtreibung nicht gänzlich streichen

Bildquelle: istockphoto, SARINYAPINNGAMInformieren über medizinische MaßnahmenWo genau verläuft die Trennlinie zwischen Information und Werbung?

In dieser Woche hat der Bundestag über den Paragrafen 219a diskutiert. In dem Rechtstext wird die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe gestellt. Allerdings hat die SPD ihren Gesetzentwurf zur Streichung des Paragrafen zurückgezogen. Nun beabsichtigt die Partei, einen fraktionsübergreifenden Kompromiss zu erarbeiten. Welche Haltung zum Paragrafen 219a vertreten der hessen-nassauische Ethik-Experte Kurt W. Schmidt und der Gießener Rechtswissenschaftler Bernhard Kretschmer?

Darmstadt, 23. Februar 2018. Der hessen-nassauische Ethik-Experte Kurt W. Schmidt und der Gießener Rechtswissenschaftler Bernhard Kretschmer sehen in einem Interview auf der Internetseite der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau www.ekhn.de keine Notwendigkeit, den Paragraphen 219a, der das Verbot von Werbung für Schwangerschaftsabbrüche vorsieht, gänzlich aufzuheben. Im November 2017 war eine Gießener Ärztin wegen des Verstoßes zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Am Donnerstag berät der Bundestag über das Thema. 

Es scheine „wenig ratsam, das Werbeverbot angesichts der anhaltenden Kontroversen um den Schwangerschaftsabbruch gänzlich aufzuheben“, so Kretschmer auf ekhn.de. So verbiete Paragraph 219a auch nicht grundsätzlich, über die Möglichkeiten, Methoden und Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs zu informieren. Aber es bleibe eine Frage, ob das Gesetz genügend zwischen Werbung und Information unterscheide. Für die ersatzlose Streichung des Paragraphen 219a besteht auch nach Ansicht von Kurt W. Schmidt aus ethischer Sicht „keine Erfordernis“. Der Gesetzgeber habe über die Beratungsstellen sichergestellt, dass die Ratsuchenden die notwendigen Informationen und Kontaktadressen erhalten könnten. Eine andere Frage sei jedoch, ob das Verbot der Werbung „unbedingt mit einem Straftatbestand“ gesichert werden müsse, so der evangelische Theologe. 

Beide sind zudem der Überzeugung, dass hinter der Kontroverse um den Paragraphen 219a weiter ungeklärte Grundsatzentscheidungen zu Fragen des Lebens stehen. Mit der Gerichtsverhandlung sei das gesamte Thema Schwangerschaftsabbruch wieder aufgebrochen. Damit würden „tiefsitzende Wertvorstellungen“ angesprochen, die die Identität vieler Menschen berühre. Es gehe „um Autonomie, Selbstbestimmung, Wert des Lebens, Menschenwürde“. Diese Kontroversen darum, welche Werte Vorrang hätten, seien nicht beigelegt, sondern brächen immer wieder neu auf. Schmidt: „Aus ethischer Sicht sind diese Fälle Seismographen für die Wertvorstellungen der Gesellschaft“. 

Zu den Personen 

Dr. Kurt W. Schmidt ist hessen-nassauischer Pfarrer und leitet das Zentrum für Ethik in der Medizin am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt. Professor Bernhard Kretschmer ist Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität Gießen. Beide führen in Gießen gemeinsam Seminare zur Medizinethik und zum Medizinrecht durch. 

Der vollständige Beitrag ist hier abzurufen:

Werbung versus Information? Die Kontroverse um § 219a StGB
Interview mit Dr. theol. Kurt W. Schmidt und Prof. Dr. jur. Bernhard Kretschmer (PDF)

to top