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Petition gegen Abschiebung

Äthiopische Familie "vorbildlich integriert"

StenderDie Familie Wendwosen im Kreise ihrer Helferinnen und HelferDie Familie Wendwosen im Kreise ihrer Helferinnen und Helfer

Soviel ist für Luke Wendwosen sicher: Wenn er mit seiner Familie nach Äthiopien zurückmuss, droht ihm und seiner Frau vermutlich noch am Flughafen die Festnahme durch die dortigen Behörden. Die Ausländerbehörde bezweifelt das und hat die Abschiebung der vierköpfigen Familie beschlossen. Ein großer Unterstützerkreis rund um die Daubringer evangelische Kirchengemeinde fordert die Landesregierung in einer Petition auf, die Abschiebung zurückzunehmen.

Für den Daubringer Pfarrer Traugott Stein ist die Sache klar. Wegen der in Äthiopien drohenden Strafverfolgung von Luke Wendwosen und seiner Frau Betsega Dereye, genannt Betsy, und dem damit sehr wahrscheinlich verbundenen Entzug der acht und fünf Jahre alten Kinder Joel und Abigail müsse diese Abschiebung auf jeden Fall verhindert werden. Deshalb sucht er auf allen ihm zur Verfügung stehenden Wegen Unterstützung für die Petition an den Landtag in Wiesbaden.  

Engagement für Demokratie und Menschenrechte

Der Grund für die mögliche Strafverfolgung in seinem Heimatland liegt etwa zehn Jahre zurück. Als Student in Griechenland und Leipzig hat sich Luke Wendwosen nach eigenen Worten für die Ziele des arabischen Frühlings Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien engagiert. Zurück in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abbeba gerät er wegen dieses Engagements ins Visier der dortigen Behörden. Als er nach mehreren Gefängnisaufenthalten erneut eine gerichtliche Vorladung für sich und seine Frau im Briefkasten findet, beschließen die beiden zu fliehen.

Von Schweden über Dänemark nach Deutschland

In Schweden findet der Sportwissenschaftler Luke eine Anstellung im Personalbereich einer großen Firma; das Ehepaar lernt Schwedisch, die beiden Kinder kommen zur Welt. Seine Firma setzt sich vergeblich für ihn ein, als die Familie nach vier Jahren nach Äthiopien abgeschoben werden soll. Die Flugtickets waren bereits gebucht, erinnert sich Luke Wendwosen. Für ihn und Betsy heißt das erneut: Flucht. Über Dänemark gelangen sie im März 2020 nach Deutschland, zunächst nach Witzenhausen, dann in die hessische Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen und nach Ablehnung ihrer Asylanträge durch Vermittlung des Asylteams des evangelischen Dekanats Gießen schließlich im August 2020 ins Kirchenasyl nach Daubringen.

Kirchengemeinde mit viel Erfahrung in Sachen Kirchenasyl

Dort findet sich schnell kompetente Unterstützung für die neue Familie im Gemeindehaus, denn schon seit 2018 nimmt die Kirchengemeinde Menschen im Kirchenasyl auf. Es gibt einen zehnköpfigen „Arbeitskreis Kirchenasyl“. Joel und Abigail gehen in Grundschule und Kindergarten, die Eltern engagieren sich in der Kirchengemeinde mit und lernen Deutsch und auch ein bisschen Oberhessisch. Als die Familie im März 2021 wieder zurück in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Gießen und anschließend in die Gemeinschaftsunterkunft Staufenberg muss, organisieren die Daubringer zwei Monate lang Fahrdienste, damit die Kinder weiter vor Ort in Kindergarten und Schule gehen können. Parallel wird eine Wohnung in Daubringen gesucht, die sie dann im Sommer 2021 tatsächlich beziehen können.

Unbedingter Wille zur Integration

Was nach den Worten der Daubringer Unterstützerinnen und Unterstützer besonders für das junge Ehepaar spricht, ist ihr unbedingter Wille zur Integration, ihre Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sowie ihre positive Lebenseinstellung, die sie auch an ihre Kinder weitergeben. Trotz der Fluchterfahrung hätten sie für ihre Kinder eine „angstfreie Umgebung“ geschaffen, stellen Heike Töllich und ihre Schwester Sabine Vogel fest.

Zusage für Arbeitsplatz und Bundesfreiwilligendienst

Sie können wie ihre Mitstreiter nicht akzeptieren, dass bei den Ausländerbehörden „nur nach Aktenlage“ entschieden wird und nicht danach, wie die Betroffenen sich in die Gesellschaft integrieren. Luke und Betsy lernen Deutsch und auch schon ein bisschen Oberhessisch, beide engagieren sich in der Kirchengemeinde, in den örtlichen Vereinen und in der Flüchtlingshilfe. Luke hat die Zusage, bald auf dem Bauhof in Fernwald anfangen zu können, Betsy kann in der Kita Buchenberg für ein Jahr im Bundesfreiwilligendienst arbeiten – vorausgesetzt, die Ausländerbehörde stimmt zu.

Hoffnung auf Hilfe aus der Politik

Die Entscheidung der Behörde, die Gründe für den Asylantrag abzulehnen und die Aufenthaltsgestattung zu beenden, kam Ende März. Der Eilantrag einer Anwältin gegen diesen Bescheid wurde Mitte April negativ beschieden; jetzt warten Luke und Betsy und ihre Daubringer Unterstützer und Freundinnen auf die Antwort aus Wiesbaden. Pfarrer Stein zählt eine Menge Namen aus der Politik „auf allen Ebenen“ auf, zu denen man Kontakt gesucht habe, um die Petition zu unterstützen.

Bürgermeister Gefeller lobt großes ehrenamtliches Engagement

Einer davon ist der Staufenberger Bürgermeister Peter Gefeller. Er begründet sein Eintreten für den Verbleib der Familie in Deutschland mit dem großen ehrenamtlichen Engagement des jungen Familienvaters Luke Wendwosen und seiner Frau Betsy Dereje in der Kommune und im Landkreis. Im Auftrag des Magistrats unterstützt Luke Wendwosen in Staufenberg lebende Geflüchtete bei der Integration in die lokalen Sportvereine. Der hessische Innenminister Peter Beuth habe ihn offiziell in das neue Förderprogramm „Sport integriert Hessen“ berufen, schreibt Bürgermeister Gefeller.

Letzter Ausweg Härtefallkommission

Wenn all diese Anstrengungen nichts nützen und der Landtag die Petition ablehnt, wollen die Daubringer auch noch den letzten möglichen Schritt gehen und die Härtefallkommission anrufen. „Wir werden alle Mittel ausschöpfen, damit diese so vorbildlich integrierten und engagierten Menschen hierbleiben können“, versichert Pfarrer Stein.

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