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hr1 Sonntagsgedanken

Das Gewissen – Stachel oder Ruhekissen?

Karsten Fink / MedienhausPortraitfoto: Pfarrer Prof. Stefan ClaaßPfarrer Prof. Stefan Claaß

Die Geschichte ist mir heute noch peinlich. Ich hatte in der Stadt zufällig einen früheren Klassenkameraden getroffen und wir haben uns für den nächsten Tag verabredet. Ich war nicht begeistert. Ich habe mich zu dem Treffen überreden lassen. Am nächsten Tag habe ich absolut keine Lust.

Ich greife zum Handy und schreibe ihm eine Nachricht: „Sorry, mir ist etwas dazwischengekommen, ich kann heute nicht.“ Und dann füge ich gegen meine innere Überzeugung hinzu: „Lass uns nächste Woche was finden.“ Am Nachmittag bin ich guter Stimmung, ich habe frei. Ich gehe in mein Lieblingscafé, bestelle Linzer Torte. Gerade als der Kuchen serviert wird, steht der Klassenkamerad vor der Scheibe und schaut herein. Blöd gelaufen. Was jetzt? Modell A: „Was muss der jetzt ausgerechnet hier vorbeilaufen. Selber schuld.“ Modell B: „Mist! Das ist jetzt peinlich. Wie komm ich aus der Nummer wieder raus? Ausrede finden? Ehrlich sein?“ Modell B ist auch bekannt unter dem Satz: „Das Gewissen meldet sich.“ Ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich habe meinen alten Genossen angelogen. Das hätte ich nicht tun sollen. Eigentlich. Dieses „eigentlich“ ist ein Schlüsselwort für unser Gewissen. Eigentlich sollte ich niemanden anlügen. Eigentlich sollte ich jetzt mit meinen Kindern spielen statt mit dem Computer. Eigentlich sollte ich auch mal was im Haushalt machen. Je nach Gewissensstärke kann die Liste sehr lang werden. Interessant ist dann die Frage: Wer meldet sich da eigentlich zu Wort? Wer ist das im Gewissen? Ein kleiner Quälgeist, der mir immer sagt, was ich falsch mache? Manche meinen, das Gewissen sei so etwas wie die Stimme Gottes, die mir zu einem besseren Leben verhilft. Ich schaue mir heute Morgen mal genauer an, wer sich da zu Wort meldet...


Die kompletten Sonntagsgedanken von Prof. Stefan Claaß gibt es
ab dem 20. Januar 2019, 8 Uhr, zum Nachlesen auf  kirche-im-hr.de

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