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Ingrid Böhm

Ein halbes Leben für die Kirche

(c) Dekanat / C. WeiseIngrid Böhm steht draußen in ihrem GartenIngrid Böhm

Am vergangenen Sonntag (29.11. 10 Uhr) wurde Ingrid Böhm nach fast 30 Jahren Engagement im Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Walsdorf in den „Ruhestand“ verabschiedet. Die 70-jährige blickt mit gemischten Gefühlen auf die vergangenen Jahrzehnte. Elf Jahre lang leitete sie als Vorsitzende des Kirchenvorstandes die Geschicke der Kirchengemeinde

Der stellvertretende Dekan Dr. Jürgen Noack sagte in seiner Ansprache im Gottesdienst zu Ingrid Böhm: „Sie sind für die Kirchengemeinde ein ‚Engel des Alltags‘ gewesen – mit einem großen Herzen. Man kann nicht oft genug ‚Danke‘ sagen. Und das sagen wir heute aus ganzem Herzen.“

Die letzten Jahre haben Ingrid Böhm aber auch sehr viel Kraft abverlangt, da durch Vakanzen viel Arbeit zu bewältigen war und die Verantwortung für die Vorsitzende wuchs. Zudem feierte Ingrid Böhm in diesem Jahr ihren 70. Geburtstag. Gute Gründe, das Amt niederzulegen und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Bereits 1975 fragte der damalige Pfarrer Harry Herzog Ingrid Böhm, ob sie die Kinder- und Jungschararbeit mit aufbauen wolle. Bis heute gibt es die Jungschar, die sie in den ersten Jahren auch selbst geleitet hat. 1991 fragte Herzog sie dann, ob sie nicht in den Kirchenvorstand gehen wolle. „Ich bin gleich voll rein“, erinnert sie sich schmunzelnd.

Kinderkirchentage aufgebaut

Sie baute, zusammen mit dem Ehepaar Pageler, die Kinder- und Jugendarbeit weiter aus und es entstanden die Kinderkirchentage, die danach viele Jahre im Alt-Dekanat Idstein angeboten wurden. 1995 machte sie dann die Ausbildung zur Lektorin und las Gottesdienste. 2004 absolvierte sie die Ausbildung zur Prädikantin und durfte seit jeher eigenständig Gottesdienste vorbereiten und halten. Ein Segen für die Region und die Gemeinde. Engagierte sie sich doch besonders in den Zeiten der Vakanz für die Gottesdienste. „Sie war eine Konstante in all‘ den Jahren“ erzählt Pfarrerin Katarina Prosenjak-Jenkins, die ab dem 1. Dezember wieder ins Pfarramt einsteigt, im aktuellen Gemeindebrief. „Wir litten nie unter Pfarrermangel“, betont Ingrid Böhm. Allerdings gab es in den letzten Jahren durch Mutterschutz- und Elternzeiten viele Vertretungsdienste. Die Hoffnung, dass Pfarrerin Dr. Jutta Leonhardt-Balzer sich mit Katarina Prosenjak-Jenkins die Stelle dauerhaft teilen würde, hat sich leider nicht erfüllt. Die in Wiesbaden lebende Jutta Leonhardt-Balzer wird ab dem 1. Dezember eine Stelle in Wiesbaden übernehmen. Sie wurde gemeinsam mit Ingrid Böhm im Gottesdienst durch den stellvertretenden Dekan Jürgen Noack verabschiedet.

Hohe Verantwortung und reges Gemeindeleben

Bis 2013 leistete Ingrid Böhm ihr ehrenamtliches Engagement neben ihrem Beruf. In den letzten Jahren waren es vor allem die Verwaltung und die Verhandlungen bei Fragen zur Sanierung oder Renovierung des historischen Gemeindehauses und die damit verbundene Verantwortung, die viel Kraft von ihr abverlangte. „Ich brauche jetzt erst einmal Abstand“, sagt Ingrid Böhm ohne Groll. Nach einer Pause möchte sie aber als Prädikantin weitermachen.

Ingrid Böhm blickt auf ein reges Gemeindeleben zurück: „Wir hatten zwei Chöre, das Mittwochscafé, den Actionsamstag, die Jungschar und das Eltern-Kind-Café“. An vielen Stellen war sie mit beteiligt. „Jetzt ruht alles, Corona hat alles ausgebremst“, konstatiert sie. Auch der Abschiedsgottesdienst musste im kleinen Kreis stattfinden.

Begeistert ist sie von den Online-Angeboten, Youtube-Andachten, wie die der Idsteiner Kirchengemeinde, der Zoom-Gottesdienst, beispielsweise in Niederseelbach oder aber auch die Dekanatssynode, die Mitte November zum ersten Mal rein digital stattfinden musste: „Das spricht mich an, das finde ich klasse“.

Kirchenvorstand als gute Gemeinschaft

Ein Höhepunkt in ihrer Zeit war unter anderem die 350-Jahr-Feier der Christuskirche Walsdorf im Jahr 2013. Jeden Monat gab es ein besonderes Angebot. Ebenso sind die „Nacht der Kirchen“ unvergesslich geblieben. Getragen habe sie in all dieser Zeit der Psalm 23 sowie der Kirchenvorstand. „Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft, deshalb konnte ich das so lange machen“, sagt sie zufrieden. Diese Gemeinschaft habe ihr immer Halt gegeben, sie wusste alle hinter sich und gemeinsam habe man viel gestemmt.

Lieblingsplatz in der „Herzenskirche“

Ingrid Böhm liebt die Walsdorfer Christuskirche. Es ist ihre „Herzenskirche“, wie sie sagt. Als sie nach einer Romreise mit Besichtigung der großen Kirchen und Kathedralen wieder nach Walsdorf kam, sagte sie: „Hier bin ich zu Hause! Was nutzt der größte Tempel gegen dieses Kleinod.“ Ihre Lieblingsplätze sind in der ersten Bankreihe und seitlich im Kirchenschiff, wo sie über den Altar auf das Kreuz schauen kann.

Traditionell habe sie die Christmette am Heiligabend um 22 Uhr gehalten, „ich dachte, es kann nichts Schöneres geben“, sagt sie ergriffen. Bis sie eines Tages den Osterfrühgottesdienst um 6 Uhr leitete. Diese Atmosphäre, wenn man von der Dunkelheit ins Licht kommt, ist unbeschreiblich.“ Bei diesem Gottesdienst seien die Sonnenstrahlen dann zuerst auf das Auferstehungsfenster im Altarraum gefallen - ein unvergesslicher Moment in ihrem Leben.

Ingrid Böhm war neben ihrem Amt als Kirchenvorstandsvorsitzende seit 1991 fast ununterbrochen als Synodale in der Dekanatssynode. Dieses Amt behält sie auch noch bis zum Frühjahr 2021 inne.

Jetzt möchte sie die Zeit mit ihrem Mann Klaus Böhm, der sie nach Walsdorf „geführt“ hat und derzeit für den Gemeindebrief verantwortlich ist, genießen. Und mit ihren drei Enkeln. „Wir haben einen großen Garten, reisen viel und gehen gerne Wandern.“ Dafür wird jetzt endlich mehr Zeit sein. Sie gibt zu, dass durch ihren Entschluss, ihr Amt niederzulegen auch „die Last von ihr abfalle.“ Sie blickt aber sehr dankbar und zuversichtlich zurück. In all‘ den Jahren hat sie erfahren, dass sich immer wieder neue Wege aufgezeigt haben. Egal, wie die Situation war, „immer hat sich eine neue Tür aufgetan, das gab und gibt mir Kraft“, sagt sie fröhlich.

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