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"Nur mal kurz die Stadt retten" oder "Alles nur verdorrt"?

Pfarrerin Irina Vöge, Ev. Kirchengemeinde Massenheim

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Kennen Sie den Propheten Jona? Ja genau: Der, der vom Fisch verschluckt wurde! Naja, jedenfalls will man uns das weismachen in der Bibel. Die Geschichte kennen die meisten wahrscheinlich aus Kindergottesdienstzeiten.
Jona hat mich immer gleichermaßen beeindruckt, wie zum Kopfschütteln gebracht: Da glaubt einer doch tatsächlich, dass er sich einem göttlichen Auftrag durch Abhauen ans Ende der Welt entziehen kann – lächerlich… und gleichzeitig auch faszinierend: Was für ein Selbstbewusstsein, sich so gegen den Gott des Himmels und der Erde zu stellen. Hatte der denn gar keine Angst? Nun ja, die Angst vor der Blamage war wohl noch größer, denn er sollte der verruchten Großstadt Ninive ja den Untergang vorhersagen, wenn sie sich nicht ändert.

 „Hand aufs Herz“ – es ist offensichtlich, dass Jona diese fiktive Geschichte sehr wahrscheinlich nur deshalb in die Memoiren geschrieben bekam, weil das Volk etwas lernen sollte: Gottes Gnade gilt halt auch den anderen Völkern! Die Moral - wie könnte es anders sein, kommt zum Schluss: Jona schmollt und will nur noch sterben. Nun ja, wer kann´s ihm verdenken, er hat sich lächerlich gemacht, weil Gott natürlich die Stadt verschont hat. Und er, der den Finger in die Wunde gelegt hat, er ist der Dumme: der Rizinusstrauch den Gott ihm schattenspendend wachsen lässt, ist gleich wieder verdorrt.

Warum erzähl ich Ihnen das?
Verehrte Leser, uns bleibt selbst überlassen, mit wem wir uns identifizieren wollen: Mit dem zornigen Jona, der vielleicht die Nase voll davon hat, jemanden zu warnen, dem das „Nur mal kurz die Stadt retten“ einfach zu viel geworden ist, weil man sich damit nicht gerade beliebt macht? Oder mit einem der gewarnten Stadtbewohner, der den Jona nicht als Spinner abgetan hat, sondern sein Leben geändert und deshalb nicht verdorrt ist, wie der Rizinusstrauch in der sengenden Hitze.
Denn das ist die Lehre, die ich aus dieser biblischen Geschichte ziehe: Mit Barmherzigkeit und Gottes liebendem Blick auf seine Mitmenschen, kann man etwas bewegen. Und moderne Gründe, sein Leben und Handeln zu ändern gibt’s doch genug, wir müssen es nur ernst nehmen, wenn wir mit der Nase drauf gestupst werden, statt genervt weiter zu machen, wie bisher.
Auf dass wir nicht verdorren, sondern für alle genug zum Überleben bleibt.

Pfarrerin Irina Vöge, Evangelische Kirchengemeinde Massenheim

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