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Hinführung:

Wie ein Charismatiker die Macht des Herrschers schwinden lässt

Evangelisches Dekanat Mainz/Heiko BeckertEs diskutierten (v. l.): Dramaturgin Christin Hagemann, Erwachsenenbildungs-Referentin Isa Mann, Bibelforscherin Melanie Köhlmoos.

Dramaturgin und Bibelforscherin verdeutlichen aktuelle Bezüge in Georg Friedrich Händels „Saul“ - Operngottesdienst mit Mitwirkenden der Staatstheater-Inszenierung am 10. März

Was macht ein Herrscher, wenn plötzlich ein charismatischer Held die Bühne betritt, dessen Strahlkraft die des Königs übertrifft? Genau vor dieser Frage steht Saul am Anfang von Georg Friedrich Händels Oratorium, das nach dem israelischen König benannt ist.

Zuerst versucht er, David zu umarmen, indem er ihm eine Tochter zur Frau anbietet. Später, als er sich von Gott und vom Volk verlassen fühlt, will er den Bezwinger Goliaths loswerden. Das Ende ist bekannt: Saul stirbt, David wird König.

Gesprächsrunde im Staatstheater

Vier Wochen vor Operngottesdienst rund um Händels „Saul“, zu dem das Evangelische Dekanat Mainz in Kooperation mit dem Staatstheater am 10. März in die Augustinerkirche einlädt, gab es im Staatstheater, wo das Stück derzeit gegeben wird, eine „Hinführung“ zu dem dramatischen Oratorium. Dafür hatte Erwachsenenbildungs-Referentin Isa Mann die Bibelforscherin Melanie Köhlmoos und die Dramaturgin Christin Hagemann zum Gespräch geladen.


Von König Saul wissen wir aus der Bibel, genauer aus dem ersten Buch Samuel. Laut Professorin Köhlmoos gibt es ansonsten keine Hinweise auf den Herrscher. Sehr dürftig für einen König, und das lässt Zweifel aufkommen. „Leider wissen wir nicht, ob ein König Saul gelebt hat“, sagte Köhlmoos. Sollte es ihn wirklich gegeben haben, dann wohl im 10. Jahrhundert vor Christus.

Mehr Häuptling als König

Eine Zeit, die archäologisch gut erforscht ist. Damals befand sich die Bevölkerung auf israelischem Gebiet im Umbruch, aus einer dörflichen Kultur entwickelte sich das Königtum. „Saul ist kein König, wie wir uns einen König vorstellen“, betonte Köhlmoos. Vielleicht ist die Bezeichnung Häuptling korrekter.

Soweit der historische Saul, falls es ihn denn gab. Bei Händel ist er anders. Denn der Komponist hat die Handlung ins Barock, also in Händels Gegenwart, verlegt, wie die Dramaturgin Hagemann erläuterte. Bezüge zum englischen Königshaus und zum damaligen Familienzwist seien offensichtlich.

David untergräbt die Ordnung

Im Oratorium erscheint Saul anfangs gottgleich als Sonnenkönig. Doch schnell muss er feststellen, dass er von seinem Volk, seinen Kindern und von Gott verlassen wird. David untergräbt die Ordnung. Im Theater wirft er Perücke und Rüstung fort. Ein symbolischer Akt. „Das ist ein ganz eindeutiger Angriff auf das System Saul“, so Hagemann.

Und Sauls Macht bröckelt das gesamte Stück weiter, bis nichts mehr übrig ist. Unter anderem dieser Zerfall, der auch durch das Verhalten der Bevölkerung bewirkt wird, gibt dem Stück heute Relevanz, befand Mann.

Saul auf  sich allein gestelllt

Der Machtverlust ist nicht endgültig erklärbar. Der unsichere König Saul ist nicht böse, dennoch wird er verworfen. „Dem Saul laufen alle weg“, fasste es Köhlmoos zusammen. David dagegen fliegen die Herzen zu, obwohl er brutale Züge aufweist.

Es scheint so, als wolle Gott mit David, der eine Tochter Sauls zur Frau nimmt, einen Neuanfang starten. Wird damit alles gut? Mitnichten: „Alles was Saul falsch macht, macht auch David falsch“, erzählte die Theologin. Doch das ist dann schon eine andere Geschichte.


Ausschnitte von Händels „Saul“ präsentieren Derrick Ballard und Michal Dorin Rahardja vom Staatstheater beim „Operngottesdienst“ am Sonntag, 10. März, 11 Uhr, in der Augustinerkirche, Augustinerstraße 34. Die Predigt hält Dekan Andreas Klodt.

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