Vortrag in Reinheim
„Antisemitismus wird nie satt”
Loges & LangenDr. Michael Blume zeigt in Reinheim auf, was Antisemitismus mit unserer Demokratie zu tun hat.14.10.2024 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Warum sollten die Menschen zu der Veranstaltung kommen?
Wer erfahren möchte, wieso es auch in unserer heutigen Zeit antisemitische Übergriffe gibt und wie wir uns als Gesellschaft dagegen stellen können, ist herzlich eingeladen, zum Vortrag zu kommen. Denn es ist wichtig zu wissen: Wer eine Religion oder Menschengruppe angreift, der wird am Ende alle Religionen und Menschengruppen angreifen. Damit ist unser gesamtes friedliches Zusammenleben gefährdet. Gegen diesen Angriff müssen wir uns alle wehren!
Wie sind Sie zu dem Thema gekommen?
Ich habe 2015 das Sonderkontingent des Landes Baden-Württemberg für über 1100 schutzbedürftige Frauen und Kinder im Nordirak geleitet. Dort war ich erschrocken darüber, dass viele Menschen im Irak einen Hass auf Juden hatten – obwohl es dort keine einzige jüdische Gemeinde mehr gab! Als ich dann nach Baden-Württemberg zurückgekehrt bin, habe ich auch hier gesehen, dass Antisemitismus noch längst nicht verschwunden ist. 2018 haben mich die beiden israelitischen Religionsgemeinschaften unseres Landes für das Amt des bundesweit ersten Beauftragten gegen Antisemitismus vorgeschlagen. Die darauf folgende Berufung durch die Landesregierung habe ich gerne angenommen. Auch wenn die Aufgabe schwer ist und die Anfeindungen von Jüdinnen und Juden immer noch zahlreich sind: Wir dürfen nicht aufgeben, sondern müssen gemeinsam dafür sorgen, dass sich Jüdinnen und Juden nicht mehr vor Bedrohungen fürchten müssen.
Wozu braucht es Beauftragte gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben?
Jüdinnen und Juden in Baden-Württemberg werden leider immer noch antisemitisch angegriffen. Sei es durch Hassbotschaften im Internet, Bedrohungen auf offener Straße oder sogar durch geplante oder durchgeführte Anschläge auf Synagogen. Die jüdischen Gemeinden im Land sind teilweise verunsichert. Mein Amt ist auch dazu da, um die Ängste und Sorgen der jüdischen Gemeinden aufzunehmen und Maßnahmen zu finden, wie sich Jüdinnen und Juden wieder sicherer fühlen können. Dazu gehören Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen, eine konsequente Verfolgung von Hass und Hetze im Netz und die Bildung und Aufklärung gegen Antisemitismus. Es ist ebenfalls wichtig, dass jüdische Kultur in unserem Land gestärkt wird. Damit wir sehen: Jüdisch sein gehört wie viele andere Religionen und Kulturen zu unserem Land. Wir lassen uns nicht auseinander treiben, sondern stehen in unserer Vielfalt alle fest zusammen!
Der Angriff der Hamas jährt sich am 7. Oktober zum ersten Mal: Wie ist die Entwicklung seitdem?
Für die jüdischen Gemeinden war dieser Tag auch hierzulande ein Schock und eine Zäsur. Viele jüdische Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger haben Verwandte oder Freunde in Israel. Auch sie haben Verletzte, Verschleppte oder sogar Tote zu beklagen. Aber anstatt dass sich die gesamte Bevölkerung hier solidarisch mit den jüdischen Gemeinden vor Ort zeigt, haben einige auch ganz normale Menschen bei uns den brutalen Terror als Befreiungsakt gefeiert. Das hat mich verstört, aber ganz besonders auch die jüdischen Gemeinden. Plötzlich werden immer stärker Jüdinnen und Juden bei uns als Verantwortliche gesehen für die Krisen im Nahen Osten. Dadurch werden sie zur Zielscheibe für Proteste und Kundgebungen, ihnen schlägt im Internet und den Sozialen Medien täglich Hass und Drohungen entgegen. In den Schulen und Universitäten wollen viele Jüdinnen und Juden nicht mehr Davidstern oder eine Kippa tragen, um nicht angefeindet zu werden. So etwas dürfen wir als Gesellschaft nicht akzeptieren!
Was ist Ihnen noch wichtig?
Dem erstarkenden Antisemitismus müssen wir uns als gesamte Gesellschaft entgegenstellen. Dies ist nicht nur ein Problem von Jüdinnen und Juden. Denn Antisemitismus wird nie satt und greift letzten Endes unser gesamtes friedliches Zusammenleben in unserer vielfältigen Demokratie an. Ich hoffe jeden Tag aufs Neue, dass sich mehr Menschen dazu entschließen, gemeinsam gegen Antisemitismus zu stehen unser Zusammenleben und unsere Grundwerte von Freiheit und Menschenwürde zu verteidigen und ja: auch zu feiern.
Interreligiöses Forum im Landkreis Darmstadt-Dieburg
Das InterReligiöse Forum im Landkreis Darmstadt-Dieburg wurde 2019 gegründet, um den Austausch und die Verbundenheit zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen zu fördern. Zum Forum gehören die Bahai-Gemeinde Mühltal, der Marokkanische Kulturverein Pfungstadt, die Türkisch-Islamische Gemeinde Dieburg e.V. (DITIB), die Evangelischen Dekanate Vorderer Odenwald und Darmstadt, die Katholischen Pastoralräume Bachgau, Otzberger Land und Darmstadt Süd-Ost sowie die Jüdische Gemeinde Darmstadt.
Das InterReligiöse Forum will nicht hinnehmen, dass Juden und Jüdinnen in Deutschland bedroht werden und Angst haben müssen. Es sieht Antisemitismus als große Gefahr für friedliches und demokratisches Zusammenleben. Das InterReligiöse Forum möchte mit der Veranstaltung informieren, was Antisemitismus ist, und dazu beitragen, dass Antisemitismus überwunden wird.