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Trauer um Pfarrer Führer

Mit Glauben und Willensstärke das Unmögliche möglich machen

twinlili / pixelio.de

Dieser Pfarrer gehörte zu den Persönlichkeiten, durch die die friedliche Revolution in der DDR möglich wurde: Christian Führer. Im Alter von 71 Jahren ist er gestorben. Der Presse-Chef der EKHN erinnert sich an persönliche Begegnungen mit ihm.

„Christian Führer hat seine Botschaft von Anfang an weiter gedacht, über die `Wende´ hinaus. Er war und blieb wachsam für gesellschaftliche Missstände. Das gilt bis heute. Er war ein frommer Mann und das beinhaltete für ihn automatisch dieses Wachsam sein, keine Angst zu haben und sich nicht beugen zu lassen. Im besten Sinne protestantisch.“ Mit diesen Worten würdigt Pfarrer Stephan Krebs, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der EKHN, den am 30. Juni 2014 verstorbenen Pfarrer Christian Führer. In der Notaufnahme des Leipziger Universitätsklinikums konnte nur noch der Tod des Nikolaikirchen-Pfarrers i.R.  festgestellt werden. Laut epd habe Christian Führer seit rund zwei Jahren an einer schweren Lungenerkrankung gelitten. 

Persönliche Begegnung

Die Todesnachricht hat Presse-Chef Krebs berührt: „Ich war und bin erschrocken, denn Christian Führer war noch gar nicht so alt und ich hatte damit nicht gerechnet.“ Krebs kannte ihn persönlich. Der hessen-nassauische Oberkirchenrat hat zwei Fernsehgottesdienste für das ZDF mit ihm gestaltet und ihn dadurch mehrfach in Leipzig getroffen. Stephan Krebs erzählt von seinen Eindrücken: „Ich habe seinen unbedingten Ernst und auch seine enorme Willensstärke und seine tiefe Glaubensgewissheit erlebt. Ohne diese drei hätte er den enormen Druck, der damals auf ihm lastete, nicht ertragen können.“

Kirche als Freiraum

In der ehemaligen DDR gehörte der Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche zu den Initiatoren der montäglichen Friedensgebete, die 1982 begannen. Christian Führer sagte dazu: „Die Kirche hat Freiraum für Diskussionen über Tabuthemen gegeben. Hier konnten die Menschen sein, wie sie sind. Das Rückgrat der friedlichen Revolution waren die Friedensgebete.“ Aus diesen Gebeten entwickelten sich die Montagsdemonstrationen, die schließlich das Ende der SED-Herrschaft einläuteten.  Dieser Prozess war keinesfalls selbstverständlich, wie Christian Führer auf der Internetseite der Nikolaikirche Leipzig schrieb: „So kam der alles entscheidende 9. Oktober heran. Was für ein Tag! Ein schauriges Gewaltszenario von Armee und Kampfgruppen, Polizei und Stasileuten in Zivil war aufgeboten.“   

„Der Geist Jesu der Gewaltlosigkeit“

Doch dann geschah das Wunder. Der Pfarrer berichtet: „Der Geist Jesu der Gewaltlosigkeit erfasste die Massen und wurde zur materiellen, zur friedlichen Gewalt. Armee, Kampfgruppen und Polizei wurden einbezogen, in Gespräche verwickelt und zogen sich zurück.“ Christian Führer beschrieb, dass auch Angehörige des Geheimdienstes der DDR, der innenpolitisch vor allem die Bevölkerung überwachte und unterdrückte, die Friedensgebete beobachteten – und zuhörten. „Ich habe es immer auch positiv gesehen, dass die zahlreichen Stasileute Montag für Montag die Seligpreisungen der Bergpredigt hörten. Wo sollten sie diese sonst hören können?“ 

Gefährliche Herausforderung angenommen

Jahre später bekennt Horst Sindermann vom SED-Zentralkomitee: „Wir hatten alles geplant, wir waren auf alles vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen und Gebete.

Presse-Chef Krebs erinnert sich an den Leipziger Pfarrer: „Dieser bescheidene – legendär seine Jeansweste, die er eigentlich immer trug - und körperlich kleine Mann hat großes, persönliches  Format gezeigt. Und so hat er Geschichte mitgeschrieben.“ Er habe erkannt, dass er als Pfarrer an einem entscheidenden Ort seinen Dienst tue. Diese gefährliche Herausforderung habe er angenommen. „Er hat die Türen der Kirche nicht geschlossen gehalten, sondern weit geöffnet – für Demonstranten und Stasi-Leute, für Christen und Atheisten“, berichtet Krebs.

Für sein Engagement ist Christian Führer erst in der letzten Woche mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet worden – stellvertretend für die Menschen, die im Herbst 1989 zur Friedlichen Revolution auf die Straße gingen. Krankheitsbedingt konnte er nicht mehr an der Verleihung teilnehmen.

Der Würde von Menschen in schwierigen Situationen verliehen Pfarrer Führer und die Leipziger Gemeinde auch nach der Wiedervereinigung eine Stimme: Später thematisierten die Friedensgebete eine „Hoffnung für Arbeitslose“, aus denen die Erwerbsloseninitiative der Nikolaikirche entstanden ist.

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