SINUS aufgelöst
Demokratie braucht weiterhin Aufklärung über totalitäre Strömungen und Gruppen
Kurt-Helmuth EimuthAnhänger der Hare-Krishna-Bewegung auf der Frankfurter Zeil im Jahr 2014. Zwar sind die Sektenwerber in den Fußgängerzonen kaum noch zu sehen, aber das Problem ist nicht verschwunden, sondern hat sich nur verlagert.26.02.2018 pwb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Kurt-Helmuth EimuthConny von Schumann, Leiter der Personalgewinnung im Diakonischen Werk für Frankfurt, war Vorsitzender des Vereins SINUS.Der Verein war vor 25 Jahren mit Unterstützung des evangelischen und katholischen Weltanschauungsbeauftragten gegründet worden. Ziel war es, dass Betroffene mit ehemaligen Sektenmitgliedern sprechen konnten. Ein Kennzeichen von Sekten ist es, dass sie einen eigenen Code sprechen. Außenstehende verstehen oftmals den Inhalt der Worte nicht, schon gar nicht die Bedeutung im Sekten-Kontext. SINUS verstand sich neben seiner Beratungstätigkeit auch als Plattform des Erfahrungsaustauschs von Betroffenen. Die Facebookseite wird nicht weiter betrieben.
Der Sektenmarkt ist unübersichtlich
Doch hat sich die Szene in den zweieinhalb Jahrzehnten geändert. Zwar gibt es noch die großen Gruppierungen wie Zeugen Jehovas oder Scientology, doch es sind zahlreiche kleine Gewächse mit teils sektenhaften Charakter hinzugekommen. Der Sektenmarkt ist unübersichtlich. Lebenshilfeangebote, Persönlichkeitsseminare, Jenseitskontakte und Fernheiler sind verbreitet. Zu erleben ist das alljährlich auf der Esoterik-Messe in Frankfurt. Und noch etwas hat sich grundlegend gewandelt: Anders als in den 1970er Jahren, als Aussteigersekten den Ausstieg aus der Leistungsgesellschaft propagierten, versprechen Sekten heute Selbstoptimierung und ein besseres Leben innerhalb der Gesellschaft. Selbst Managementseminare sind da nicht ausgenommen. Hinzu kommt, dass sich selbst abstruse Ideologien wie etwa die der Reichsbürger, sich über das Internet wunderbar verbreiten lassen.
Demokratie braucht die Auseinandersetzung mit totalitären Strömungen
Doch im Kern geht es immer um die gleiche Frage: Ab wann werde ich so manipuliert, dass mein Tun und Handeln völlig fremdbestimmt ist. Und in letzter Konsequenz: Bin ich bereit, um der „gerechten Sache Willen“ anderen Schaden zuzufügen. Ein Mechanismus, der sich auch bei den jungen Anhängerinnen und Anhängern des Salafismus wiederholt. Insofern ist die Auseinandersetzung mit totalitären Strömungen unter religiösem Vorzeichen aktueller denn je und die Demokratie braucht sie. Doch diese Auseinandersetzung kann in der ehrenamtlichen Struktur von SINUS nicht mehr geleistet werden. Die Kirchen stehen weiterhin mit ihren Weltanschauungsbeauftragten als Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Beratungsstellen
Evangelische Kirche:
Zentrum Oekumene der EKHN und EKKW
Pfarrer Oliver Koch, Referent für Weltanschauungen
Tel.: 069 / 976518-42
Kontakt
Katholisches Bistum Mainz:
Stabsstelle Sekten- und Weltanschauungsfragen für die Diözese Mainz und Speyer
Dr. theol. Eckhard Türk
Tel.: 06131 / 253284
Katholisches Bistum Limburg:
Studienleiter für Weltanschauungsfragen und Lebenskunst
Dr. Johannes Lorenz
Tel.: 069 / 800 87 18-311
https://www.bistumlimburg.de/beitrag/weltanschauungsfragen/