Gemeinsam statt einsam: Ehrenamtliche bitten im Montabaurer Gemeindehaus zu Tisch
Ehrenamtliche zaubern Mittagessen für alle aus geretteten Lebensmitteln
bon
21.07.2025
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In der Luft liegen Stimmengewirr, der Duft nach Gartenkräutern und ganz viel Vorfreude. Denn heute ist wieder „Gemeinsamer Mittagstisch“ - ein Projekt, das engagierte Frauen und Männer vor anderthalb Jahren ins Leben gerufen haben und in dem es nicht nur ums gemeinsame Essen mit netten Menschen geht. Denn alles, was heute auf den Tisch kommt, wäre fast in der Tonne gelandet.
Zu gut für die Tonne
Der Mittagstisch ist ein Projekt der Initiative „Foodsharing“ sowie von Ehrenamtlichen der Evangelischen Kirchengemeinde Montabaur und weiteren Helfenden. Die Idee geht auf die ehemalige Montabaurer Vikarin Henrike Kratz zurück, die vor rund anderthalb Jahren eine Foodsharing-Verteilstation auf dem Gelände der Kirchengemeinde eingerichtet hatte – für Essen, das in Märkten nicht mehr verkauft werden kann, aber zu gut für die Tonne ist und deshalb kostenlos ausgegeben wird.
Essen für alle
Einige engagierte Ehrenamtliche haben die Idee nun weitergedreht: Aus den Nahrungsmitteln, die die Foodsharer von Märkten der Region bekommen, bereitet die Gruppe ein schmackhaftes Essen zu. An jedem dritten Mittwoch im Monat bittet sie im Evangelischen Gemeindezentrum Montabaur kostenlos zu Tisch – und zwar alle. Auch (aber nicht nur) Hilfsbedürftige und Menschen, die sich einsam fühlen. Mehrere Dutzend Gäste kommen zum „Gemeinsamen Mittagstisch“.
Zutaten-Zauber
Heute sind es fast 40. In der Küche treffen die ehrenamtlichen Helferinnen letzte Vorbereitungen; waschen Salat, richten einen hübschen Nachtisch aus Beeren und Quark an; schälen Kartoffeln. „Von denen gibt’s oft reichlich“, sagt Anna Kollig-Kohns, während sie die Knollen auf einem Blech auslegt. „Ansonsten müssen wir mit dem arbeiten, was wir bekommen. Das erfahren wir in der Regel einen Tag vorher – und dann stimmen wir uns ab, was wir aus den Zutaten zaubern.“
Kisten mit guten Lebensmitteln
Dass die Damen etwas zum Zaubern haben, liegt vor allen Dingen an Ruth Kowski-Meyer. Sie ist eine der Foodsharing-Botschafterinnen für Montabaur und rettet diejenigen Lebensmittel vor der Tonne, die Händler der Region aussortiert haben. Meist kommen so vier Kisten aus zwei oder mehr Betrieben zusammen – voll mit Waren, die es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht in die Regale geschafft haben. „Die Betriebe sind uns wohlgesonnen und vertrauen uns. Auch deren Mitarbeitende freuen sich, dass verzehrfähige Lebensmittel noch verwendet werden“, erzählt sie.
Genug für alle
Die Lebensmittel, die sie mitbringt, werden zum großen Teil für den „Gemeinsamen Mittagstisch“ verarbeitet. Den Rest können sich die Gäste mit nach Hause nehmen – kostenfrei, versteht sich. „Sogar die Lebensmittelabfälle wandern nicht gleich in die Tonne, sondern werden an die Hühner verfüttert – als letzte Profiteure der Wertschöpfungskette“, ergänzt Anna Kollig-Kohns. „Das Federvieh kommt aber nicht mit in die Küche. Aber gackern können wir auch!“, sagt sie lachend.
Teamarbeit in der Küche
Die Stimmung im Team ist meistens prächtig. Die Frauen tauschen Zubereitungstipps aus, arbeiten Hand in Hand und wirken erstaunlich entspannt, obwohl sie heute fast 40 Gäste bekochen. „Die ersten fünf Minuten ist’s manchmal stressig. Danach geht’s super“, sagt Anna Kollig-Kohns. „Inzwischen weiß eben jede, was sie zu tun hat, und alle Handgriffe sitzen.“ Auch die von Arnold Vogel und Emil Wagner. Der Job der beiden Männer des Teams ist das Aufstellen der Tische und Stühle im Gemeindesaal. Dort lassen sich allmählich die Gäste nieder, und kurz bevor es losgeht, spricht Arnold Vogel ein Tischgebet und stimmt einen Dankes-Kanon an. Anschließend eröffnet seine Frau Ursula das üppige Büffet aus diversen Salaten, Kartoffeln, Gemüsepfannen und Nachtisch: „Es ist genug für alle da! Guten Appetit!“
Dienst am Nächsten
Für sie und andere HelferInnen ist der Gemeinsame Mittagstisch eben mehr als nur ein schönes Essen. „Er ist eine Freude und zugleich ein Dienst am Nächsten“, sagt Ursula Vogel. „Es gibt viele Menschen, die sich allein fühlen und für die dieser Tag sehr wichtig ist.“ Auch Besucherin Ingeborg hat sich das Gemeinsame Mittagessen inzwischen fest im Kalender eingetragen. Sie geht oft gemeinsam mit ihrer Mutter dorthin, die in einem Montabaurer Seniorenheim wohnt. „Man trifft hier immer so viele nette Leute, das Essen ist durchweg gut – und ich finde es toll, dass gute Lebensmittel eben nicht einfach weggeworfen werden – sondern auf dem Teller landen.“ Denn dort gehören sie schließlich hin. (bon)
Der nächste Gemeinsame Mittagstisch findet am Mittwoch, 20. August, um 12 Uhr im Gemeindezentrum Montabaur in der Peterstorstraße statt.