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Ein Leben an der Orgel

privatHans-Joachim Bartsch spielt seit 71 Jahren die Orgel

Mit dem Universitätsgottesdienst am ersten Weihnachtstag 2025 in der Christuskirche (Beginn 11.15 Uhr) endet eine außergewöhnlich lange musikalische Wegstrecke: Prof. Hans-Joachim Bartsch, der seit Jahrzehnten die Mainzer Kirchenmusik prägte, spielt dann zum letzten Mal an der großen Orgel. Mit diesem Gottesdienst beendet er seine 51-jährige Tätigkeit im Universitätsgottesdienst.

Mainz. In der Landeskirche EKHN war er sogar 70 Jahre aktiv. „Ich danke Gemeinde, Chor und Orchester für die glückliche Gemeinsamkeit und wünsche Gottes Segen für die weiteren Jahre“, schreibt er im Mitteilungsblatt. Universitätsprediger Prof. Kristian Fechtner, der den Gottesdienst feiern wird, findet: „Damit geht tatsächlich eine Ära zu Ende.“

Im Gespräch schaut Hans-Joachim Bartsch dankbar zurück auf ein erfülltes Leben mit vielen prägenden Erfahrungen: Jahrgang 1932, wurde er in Schlesien geboren und bekam in seinem Heimatort musikalische Anleitungen von einer Gemeindemitarbeiterin, die seine Begabungen auf dem Gebiet erkannte. In der kleinen Dorfkirche, erzählt er, habe er mit 12 Jahren zum ersten Mal an der Orgel gesessen und für die Gemeinde gespielt, ebenfalls an Weihnachten, im Jahr 1944. Bald darauf sollte sich viel verändern in seinem Leben, durch die kriegsbedingte Flucht der Familie Richtung Westen. Am neuen Wohnort traf er auf einen Kirchenmusiker, der aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war und für ihn zu einem wichtigen Lehrer wurde. Schon in jungen Jahren übernahm er Vertretungsdienste, später legte er wichtige Orgelprüfungen ab.

In Detmold studierte er Kirchenmusik, in Paris und Amsterdam erhielt er weiterführenden Unterricht und kam für musikwissenschaftliche Studien nach Frankfurt und Mainz. Auch bei Wettbewerben zeigte er sein Können und denkt gern an einen ersten Preis in England. Später führten ihn Konzertreisen, Orgeldienste und weitere Aufgaben in viele Länder.

Seine berufliche Laufbahn begann 1955 dort, außerdem war Hans-Joachim Bartsch Dozent und später stellvertretender Direktor der Frankfurter Kirchenmusikschule. Von 1977 bis 1997 war er Professor für Orgel an der Hochschule für Musik in Frankfurt, wo er Generationen von Studierenden mit ausbildete. Zugleich war er ab 1974 Organist der Christuskirche Mainz. Diese Aufgaben, sagt er in der Rückschau, erforderten also 150-prozentigen Einsatz an Arbeitskraft.

Im Laufe der Jahrzehnte konnte er bewährte kulturelle Angebote mitentwickeln und prägen. An über 150 Konzerte denkt er gern zurück, teils von ihm gespielt, teils sogar mit internationalen Gästen. Gern erinnert er sich auch an das Wirken von Bachchor und Bachorchester und generell an die gute Zusammenarbeit mit vielen Haupt- und Ehrenamtlichen im Laufe der Jahrzehnte. Neben den Aufführungen, darunter zahlreiche Kantaten und Oratorien, lagen ihm ökumenische Angebote am Herzen. Daher spielte er auch gern Orgel in der Mainzer Augustinerkirche.

Eng verbunden war er mit den Universitätsgottesdiensten, die er lange musikalisch begleitete. Auch dort erklangen regelmäßig Werke von Bach, der für ihn der wichtigste Komponist ist. Auch die Frühgottesdienste in kleinerem Kreis bedeuteten ihm viel. Generell schätzt er die Aufmerksamkeit der Gemeinde bei Orgelvor- und -nachspielen, als würdevollen Rahmen für die Liturgie. Musik war und ist für ihn ein wichtiger Aspekt der Verkündigung, beschreibt er, und eng verbunden mit seinem Glaubens. Von Menschen, „die der Geist Gottes trägt“, handelt ein Bibelwort, das ihn seit langem begleitet. Mehrfach wurde seine vielfältige Tätigkeit schon gewürdigt, etwa im Rahmen seines 90. Geburtstags.

Bescheiden, ohne Feierlichkeiten, möchte er sich daher nun aus dem aktiven Dienst verabschieden. „Wenn man eine Aufgabe hat, hält einen das frisch“, beschreibt er. Glücklich darüber, möchte er Musikerinnen und Musikern gern als Empfehlung mitgeben zu üben, gut vorbereitet zu sein und vor Auftritten tief durchzuatmen, damit sich nicht zu viel Lampenfieber einstellt. Er selbst ist nun nicht mehr so gut zu Fuß und möchte es ruhiger angehen lassen. Daher freut er sich schon darauf, die geliebte Musik künftig einfach in Ruhe genießen zu können, ob bei Konzerten oder daheim, gemeinsam mit seiner Frau. Dankbarkeit für ein erfülltes Leben legt er sicherlich auch mit hinein in eines der Lieder, die er im Weihnachtsgottesdienst in der Mainzer Christuskirche begleitet: „O du fröhliche“.

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