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Bundeswehreinsatz in Syrien

Friedensbeauf- tragter spricht von Spirale der Gewalt im Kampf gegen den Terror

garyforsyth/istockphoto.comDeutschland will Kampfflugzeuge wie diesen Tornado und 1.200 Soldaten nach Syrien schicken.

Der Kampf gegen die islamistische Miliz IS solle nicht mit militärischen Mitteln geführt werden, sagt der Friedensbeauftragte der EKHN. Was sind seine Argumente?

Esther StoschWolfgang Buff, Referent für Friedensbildung im Zentrum Ökumene der EKHN und der EKKW

Innerhalb kürzester Zeit scheint der Einsatz der Bundeswehr gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beschlossen zu sein. Dienstagmorgen hat das Bundeskabinett dem Einsatz zugestimmt, der Bundestag soll noch diese Woche grünes Licht geben. Der Friedensbeauftragte der EKHN im Zentrum Ökumene, Wolfgang Buff, kritisiert den Einsatz: „Militärisch ist der Einsatz nicht sinnvoll“. Er sieht im Handeln der Bundesregierung Symbolpolitik, die Stärke zeigen soll, um „als Politiker Handlungsfähigkeit zu demonstrieren.“

„Für den IS ist ein neuer Kampfpartner auf dem Feld ein gefundenes Fressen“, sagt Buff. Er spricht vor einer Spirale der Gewalt. „Es gibt ein kämpferisches Angebot einer terroristischen Organisation. Zu deren Szenario gehört, dass die Gegenseite auf die gleiche Art und Weise reagiert.“ Demnach gehöre die Gewalt der Terroristen ebenso zur Inszenierung wie die militärische Reaktion der Gegner des IS, erklärt der Referent für Friedensbildung. „Was wären all diese Propaganda-Videos wert, ohne den ‚bösen Feind‘? Im Grunde spielen wir das Spiel der anderen Seite mit: Wir verteufeln den Gegner“, so Buff. 

„Je größer der Feind, desto größer die Ehre“

Der Friedensbeauftragte erklärt, dass der IS ganz bewusst starke Gegner sucht: „Für die Terroristen ist es das Beste, wenn immer mehr große und starke Mächte gegen sie kämpfen. Das führt unter ihren Anhängern zu einer guten Reputation: Denn je größer der Feind, desto größer die Ehre.“

Gerade deswegen seien friedliche Lösungswege im Kampf gegen den IS wichtig. Die Terror-Miliz bestehe aus Menschen und sei keine geschlossene Front, kein „stehendes Heer“. Der IS sei über Jahre entstanden und locke Menschen mit verschiedenstem Hintergrund aus der ganzen Welt zu sich. Er sei kein feindlicher Staat, sondern eine ortsunabhängige Ideologie. Darin sieht Buff den Ansatzpunkt: Der IS bestehe nicht nur aus „ideologie-geschwängerten Kämpfern“.

Finanzquellen und Unterstützer entziehen

Statt gegen die Extremisten in den Krieg zu ziehen, müssten ideologische Grundlagen bekämpft, ihre Finanzquellen und Unterstützer-Netzwerke entzogen werden. „Wenn die Zahlen stimmen, sind von den 50.000 bis 80.000 aktiven IS-Kämpfern 25.000 bis 30.000 Ausländer“, erklärt Buff. „Das heißt, deren Motivation ist eine ganz andere, als derjenigen, die aus Syrien und dem Irak stammen.“ In den Heimatländern der rekrutierten Menschen müsse nach den „Triebfedern“ gesucht und nach den Ursachen für den Hass gegen das westliche System geforscht werden.

Den Friedensbeauftragten stört, dass diese Lösungsansätze zwar in der Politik diskutiert, aber nicht ernsthaft verfolgt werden. Die Rhetorik der Politiker mit Ausdrücken wie „mehr Gesetze, Schulterschluss und militärische Einsätzen“, seien seit Jahren die gleichen und „führen immer in dieselbe Sackgasse.“ An die Politiker appelliert er vor militärischen Einsätzen die Meinung ehemaliger Bundeswehr-Offiziere einzuholen. Viele teilten ähnlich kritische Ansichten und hätten nach dem Ende des aktiven Dienstes auch keine Angst mehr, sie öffentlich zu äußern.

Außerdem geht Buff auf die gute Waffenausstattung der Terroristen ein: „Die Erstausstattung waren Waffen, die von Amerika und anderen Verbündeten in den Irak geliefert und vom IS geplündert und übernommen wurden.“ Er schlägt vor, keine Waffen mehr in unsichere Gebiete zu liefern und „Waffen auch wieder einzusammeln“.

Initiativen in Syrien führen zu Erfolgen gegen IS

Im Iran und in Syrien gebe es bereits lokale Initiativen, die Waffen an sich nehmen, um Kinder und Jugendliche zu schützen, so der Friedensbeauftragte. Das sei nur einer der Wege die Terror-Gruppen von innen auszuhöhlen. Die Bevölkerung versuche „gegen diesen Wahnsinn vorzugehen und sucht nach Schutzräumen, Freiheiten und Überlebensmöglichkeiten. Viele Initiativen werden von Frauen initiiert und führen vor Ort zu Lösungen.“ Buff führt an, dass beispielsweise junge Männer durch Demonstrationen der Bürger wieder frei kämen. Das zeige, dass der IS keine reine „Verrückten-Bande ist, sondern dass der IS auch nachgeben kann“, so Buff.

Erfolge militärischer Maßnahmen nicht bewiesen

Besonders kritisiert der Friedensbeauftragte, dass zivile Lösungsansätze zunehmend diskreditiert und lächerlich gemacht werden. Als Beispiel nennt er die aktuelle Webe-Kampagne „Mach, was wirklich zählt“ der Bundeswehr. Auf Plakaten heißt es unter anderem „Krisenherde löschst du nicht mit abwarten und teetrinken.“ „Aber auch nicht mit mehr Benzin“, ergänzt Buff den Werbespruch. „In den vergangenen 25 Jahren hat niemand bewiesen, dass militärisch etwas in Krisenregionen zu erreichen ist.“ Solche Kampagnen führen seiner Meinung nach zu einem Gefühl in der deutschen Bevölkerung, dass entweder der Kampf mit Waffen geführt werden müsse, oder er sei schon verloren.

Kirche kann gegen Schreckgespenst IS in Deutschland wirken

Daher sieht Buff die Aufgabe der Kirche klar in der Aufklärung: „Der Kampf gegen den IS ist eine ideologische Auseinandersetzung mit dem Islamismus.“ Je mehr das Schreckgespenst IS aufgebauscht werde, umso mehr fühlen sich Unterstützer aus Deutschland missverstanden. Die Kirche können Aufklärung, Dialog und differenzierte Wahrnehmung anbieten. „Wir müssen zu mehr Sachlichkeit und mehr Gelassenheit auffordern, wie das bereits die Synode der EKHN getan hat“, so Buff.

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