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Abschluss und Ausblick

Gänsehaut-Feeling, existenzielle Themen und eine Einladung

Bild: 37. DEKTKonzert mit Samual Harfst auf dem KirchentagMomente, die Kirchentage ermöglichen

Wenn der Zauber der Gesänge und Gebete ein Herz erreicht hat, ist auf dem Kirchentag ein Moment des Friedens, des Vertrauens entstanden. Doch klar wurde: In Zeiten der Digitalisierung, des Klimawandels und von Flüchtlingen in Seenot braucht es noch einiges, um Voraussetzungen für nachhaltiges Vertrauen zu schaffen. Dazu will auch der Ökumenische Kirchentag 2021 in Frankfurt beitragen.

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„Lasst uns gehen und unsere Welt menschenfreundlich machen.“ Diese Worte hatte Kirchentagspräsdient Hans Leyendecker den Besucherinnen und Besuchern mit auf den Weg gegeben während des Abschlussgottesdienstes des Dortmunder Kirchentages. In seiner Rede im Fußballstadion zeigte er sich dankbar: „Der Kirchentag hat seine Losung an sich selbst erfahren – welch ein Vertrauen.“ Das haben auch die rund 120.000 Teilnehmenden erlebt. Leyendecker freute sich: „Dortmund kann Kirchentag!“

Frankfurt öffnet 2021 seine Türen für ein ökumenisches Glaubensfest

2021 wird Frankfurt am Main zeigen, wie es „Kirchentag kann“. Denn im Schlussgottesdienst haben der katholische Bischof Dr. Georg Bätzing des Bistums Limburg und Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, zum 3. Ökumenischen Kirchentag nach Frankfurt am Main eingeladen. Vom 12. bis 16. Mai 2021 will der nächste Kirchentag Zeichen setzen – für Demokratie, Klimaschutz, Bildung und Dialog. EKHN-Kirchenpräsident Dr. Volker Jung kündigte Frankfurt als eine Stadt mit großer Tradition und markanter Skyline, mit Menschen aus über 170 Ländern und vielen Sprachen und Religionen an. Eine Stadt, die „Vielfalt und Eintracht“ lebe. Der Limburger Bischof Bätzing schätzte dabei, dass gerade Christinnen und Christen dazu beitragen, dass die unterschiedlichen Frankfurter sich so gut verstehen. 

Die nächste evangelische Kirchentagspräsidentin für den Ökumenischen Kirchentag 2021 ist die Juristin Bettina Limperg, die Präsidentin des Bundesgerichtshofes. Den nächsten Kirchentag stellt sie sich schon vor: „Mit dem Dortmunder Vertrauen werden wir ein besonderes Fest des Glaubens feiern.“ Dabei wünscht sie sich vor allem Mut und Aufrichtigkeit für die christliche Ökumene. Ihr neuer Kollege, der katholischer Kirchentagspräsident Thomas Sternberg, will das Verständnis weiter durch vermehrte Begegnungen vertiefen. Der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken sagte während des Schlussgottesdienstes: "Lasst uns ein Zeichen setzen für gemeinsames Handeln aller Getaufen. Frankfurt öffnet seine Türen - und geht hindurch."

Kostprobe des hessischen Humors

Lust auf den nächsten Kirchentag in Frankfurt hatte bereits das ökumenische Team aus Hessen gemacht. Die Kostprobe hessischen Humors von „Duo Camillo“, eine Virtual-Reality-Aktion und viele Gespräche haben im Dortmunder Propsteihof schon jetzt viele Besucherinnen und Besucher für den nächsten Kirchentag begeistert.

Appell zur Rettung aus Seenot

Ernster wurden die Töne auf dem Kirchentag, als es um die Themen Integration und Flüchtlingshilfe ging. Carola, die Kapitäin des Rettungsbootes für Flüchtlinge, Sea Watch 3, konnte nicht zum Kirchentag kommen. Denn ihr Rettungsschiff liegt seit über zehn Tagen im Mittelmeer, 15 Meilen vor Lampedusa. „Die Geretteten, die wir an Bord haben, dürfen wir nicht in den Hafen fahren“, so schilderte sie die Situation in einem facebook-Video. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hatte sich mit einem Appell an die Bundesregierung gewandt, um die 43 festsitzenden Flüchtlinge aufzunehmen. „Wir nehmen sie jetzt beim Wort und verlangen umgehend konkrete Schritte und nicht nur grundsätzliche Erklärungen“, sagte der Bischof. Zuvor hatte er aus einem kurz zuvor eingegangenen Schreiben von Innenminister Horst Seehofer zitiert, in dem dieser zwar seine Anerkennung für das christliche Engagement ausdrückt, aber weiter nur auf eine europäische Verständigung zu dringen verspricht. 

Rechtspopulismus und –extremismus bedürfen weiterer Aktivitäten 

Auch für ein friedliches Miteinander in Deutschland ist noch einiges zu tun. So machte Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland deutlich, dass ihn rechtsmotivierter Antisemitismus gleichermaßen beunruhige wie islamistischer. Allerdings sei die Zahl rechtsextremer Gewalttaten höher. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet bezeichnete die gegenwärtige Situation als besonders fragil - mit Blick auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.
Kirchentagspräsident Leyendecker hatte zu Beginn die Entscheidung verteidigt, AfD-Politikern kein Podium zu bieten: „Ich freue mich, dass wir früh ein Zeichen gesetzt haben.“ Es müsse deutlich werden, dass rechts im Sinne von konservativ und rechtsextremistisch in der Regel nichts miteinander zu tun hätten.

Diskussion über Chancen und Risiken der Digitalisierung

Eines der zentralen Themen auf dem Kirchentag drehte sich um die digitale Entwicklung. Kirchenpräsident Jung hatte die Kirchen dazu aufgerufen, die Chancen der Digitalisierung für eine gerechtere Gesellschaft zu nutzen.  Für viele Menschen sei die Digitalisierung eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten, beispielsweise in der Kommunikation. Die Möglichkeiten der vielfältigen Kommunikation biete den Menschen Chancen zur Emanzipation. Der Theologe warnte zugleich davor, unkritisch alle Optionen der Digitalisierung auszuschöpfen. Durch die Digitalisierung in der Arbeitswelt fühlten sich Menschen zunehmend nutzlos, wenn digital gesteuerte Maschinen präziser und effektiver arbeiteten.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde in seiner Kritik noch deutlicher: „Die digitale Welt von heute dient den Interessen derer, die unsere Geräte voreinstellen, unsere Anwendungen programmieren, unser Verhalten lenken wollen.“ Einen ähnlichen Eindruck vermittelte auch die Wirtschaftsinformatikerin Prof. Dr. Sarah Spiekermann-Hoff aus Wien. Sie warnte: Je unvollständiger sich der Mensch fühle, desto dankbarer nehme er digitale Produkte an. Also seien es insbesondere die Firmen, die mit der Digitalisierung Geld verdienten, die dem Mensch einzureden versuchten, er sei auf die neueste digitale Technik angewiesen.
Matthias Haun, Professor für Kognitive Kybernetik setzt hingegen auf die Digitalisierung und arbeitet an der Entwicklung autonomer Fahrsysteme. Jetzt gehe es um „einfühlsame Autos“, die sich in die vorhandene Infrastruktur einfügten. Er sagt: „Sie werden ein Subjekt der Moral und der Verantwortung sein.“ Allerdings plädierte der Wissenschaftler dafür, moralische Entscheidungen nicht dem Kommerz zu überlassen.

Mit der Kunstinstallation, dem Segensroboter „Bless 2“ hat die EKHN auch auf dem Kirchentag zur Diskussion angeregt. Direkt am Stand äußerte Pfarrer Lutz Neumeier seine Gedanken zur digitalen Entwicklung: „Soll das wirklich den Menschen ganz ersetzen oder sollen digitale Anwendungen doch die Aufgaben übernehmen, die Menschen vielleicht nicht so gut machen können? Aber bei der Kommunikation - beim Interaktiven zwischen Menschen, ich glaube, da hört es dann doch auf.“

Mündigkeit und Ethik der Digitalisierung gefordert

In Anlehnung an das Kirchentags-Motto „Welch ein Vertrauen“ wurde der Bundespräsident direkt: „Denn seien wir ehrlich: Das Zukunftsvertrauen ist heute selbst bei chronischen Optimisten massiv auf die Probe gestellt.“ Dabei vertrat er die Auffassung, dass Resignation keine Option sei. Er mahnte: „Unsere selbstverschuldete digitale Naivität muss Aufklärung und Mündigkeit weichen.“ In seiner Rede forderte er eine „Ethik der Digitalisierung“. Dazu brauche es den Mut, das Spiel zu unterbrechen und die Spielregeln zu überprüfen. Schon heute könnten die Weichen gestellt werden, Algorithmen nachvollziehbarer gemacht und ihre Arbeitsweise auf den Prüfstand gestellt werden. Der Bundespräsident plädierte dafür, dass Entscheidungen über den Kernbereich unseres Menschseins am Ende immer von Menschen getroffen werden müssten.

Impulse zur Digitalisierung aus der EKHN

Kirchenpräsident Jung signalisierte, dass kein Weg an der Digitalisierung vorbei gehe, dies gelte auch für die Kirche. Klar ist auch: Dort wo Menschen sind, sollte Kirche für Gespräche bereit stehen. Dafür stehen drei Pfarrerinnen und zwei Pfarrer, die als christliche Influencer in den sozialen Medien unterwegs sind. Dabei setzen sie vor allem auf Authentizität.

Am Samstag ermutige im interaktiven Online-Gottesdienst schließlich Pfarrerin Sandra Matz, Vertrauen zu wagen: „Wir haben Gaben von Gott bekommen. Jede und jeder hat etwas geschenkt bekommen. Mit diesem Geschenk können wir etwas anfangen. Und Schritte wagen, die wir uns selbst nicht zutrauen würden.“

Ausblick auf Feierlichkeiten 2021 zu Luthers großen Momenten in Worms

In die Zukunft und in die Vergangenheit haben sich die Betreuerinnen und Betreuer eines Standes in der Westfalenhalle orientiert: Sie haben zum Festwochenende rund um den 17. April 2021 nach Worms eingeladen. Dann wird an die Standhaftigkeit Martin Luthers vor dem Reichstag vor 500 Jahren erinnert – ein Ereignis, das Geschichte geschrieben hat. An Originalschauplätzen soll „Der Luther-Moment“ gewürdigt werden: mit einer Multimedia-Performance aus Licht, Bild, Surround-Ton und Schauspielerinnen und Schauspielern.

Handeln für den Klimaschutz

Auch der Klimawandel stellt gegenwärtig das Vertrauen auf die Probe. Allerdings setzt Luisa Neubauer, Mitbegründerin der deutschen „Fridays for Future“-Bewegung auf die Kirche. Sie könne die Herzen der Menschen als „Task Force Hoffnung“ erreichen. Die junge Aktivistin hatte die Kirchengemeinden dazu eingeladen, sich der Klimaschutzbewegung anzuschließen und klimaneutral zu werden.
Während des Kirchentages kristallisierte sich die Forderung nach einem nationalen Klimaschutzgesetz heraus und wurde von der Politik nicht überhört. Wie der epd berichtet, habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprochen, an der Klimaneutralität bis 2050 festzuhalten. Und auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, der Druck der Klimabewegung helfe der Politik, überfällige Entscheidungen zu treffen.

Der Autor und Katholik Erik Flügge war allerdings der Auffassung: „Der Mittelpunkt der Evangelischen Kirche kann nicht der Kampf gegen den Klimawandel sein, sondern muss Glaube sein.“ Die Evangelische Kirche werde oft als politischer Akteur wahrgenommen, die Menschen würden sich dann aber lieber für einen wirklichen politischen Akteur entscheiden.

Kontakte pflegen

Der Autor Erik Flügge hat den Teilnehmenden des Kirchentages eine Hausaufgabe mitgegeben: eine stärkere Kontaktarbeit. Sie sollten in ihren Gemeinden zu Hause aktiv werden und auf Menschen zugehen, die sonntags nicht durch den Gottesdienst erreicht würden. Wichtig sei, diese Kontakte ein Leben lang zu halten.

mehr über den Kirchentag in Dortmund

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