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Gruppe des Evangelischen Dekanats Studienfahrt nach Thüringen zu Thomas Müntzer und dem Bauernkrieg

Interessante Kapitel der älteren und jüngeren Geschichte entdeckt

Foto: Holger SchäddelEine Reisegruppe vof einer großen Mauer mit einer StatueVor der Stadtmauer in Mühlhausen mit Müntzer-Denkmal und der Studiengruppe

Am historischen Datum, dem 15. Mai, unternahm eine Studiengruppe Erwachsener aus der Region eine Tages-Exkursion nach Nord-Thüringen. Anlass war zum einen die sogenannte Schlacht bei Frankenhausen.

Auf dem Schlachtberg nahe des heutigen Bad Frankenhausen im Kyffhäuser-Landkreis jährte sich die blutige Niederschlagung des Aufruhrs zum 500. Mal. Am 15. Mai1525 führte der radikale Reformator Thomas Müntzer einen tausendfachen Haufen – also eine kämpferische Einheit - von Mühlhausen kommend, an. Ein Söldnerheer der Regionalfürsten schlug noch während einer Waffenruhe zu und metzelte unzählige Aufständische nieder. Viele hatten kurz zuvor nach authentischen Berichten einen lokalen Regenbogen bzw. einen Sonnen-Halo gesehen und daraus die vermeintliche Hilfe Gottes abgeleitet. So jedenfalls soll Thomas Müntzer, der anschließend gefangengenommen, gefoltert und hingerichtet wurde, das Geschehen gedeutet haben.

Diese spannende, dramatische und vielschichte Vergangenheit wird auf dem bekannten, riesigen Rund-Gemälde im Panorama Museum bei der Kurstadt Bad Frankenhausen dargestellt. Der Auftrag dazu erfolgte nach wechselhaftem Vorlauf von der zunächst regionalen, später ostdeutschen DDR-(Bezirks-)Regierung an den Leipziger Künstler Werner Tübke. Diese schrittweise Genese, die unfassbar detailreichen Darstellungen des Bildes sowie deren mannigfaltige Interpretations-Fassungen erläuterte versiert, humorvoll und methodisch der Kunstführer des Museums. Danach war noch genügend Zeit für die Sonderausstellung mit Exponaten zum gegebenen Anlass sowie ein inhaltlicher Austausch der Zuschauer.

Die zweite Etappe umfasste den historischen, mittlerweile hübsch restaurierte Kern der ehemaligen Reichsstadt Mühlhausen, nördlich von Eisenach. Die Erforschung startete an der alten Siedlungs-Mauer mit dem freistehenden Müntzer-Denkmal aus den 1950er-Jahren. Überhaupt war dessen Biografie zu DDR-Zeiten intensiv in Kino, Kultur und Gesellschaft rezipiert, in Teilen auch ideologisch überformt worden. Bernd Reitz, einer der Teilnehmer, sagte dazu: „Die Bedeutung von Müntzer in der DDR während der Zeit der deutschen Teilung und wie die Regierungen der DDR Müntzer interpretieren, war für mich ein völlig neuer Aspekt.“

In Mühlhausen also hatte Thomas Müntzer eine Zeitlang als profunder Theologe, mutiger Gottesdienst-Erneuerer und gesuchter Seelsorger gewirkt. Anfangs war er mit Martin Luther und anderen Wittenbergern auf ähnlichem Reform-Kurs, allerdings wurden seine gesellschaftspolitischen und prophetisch-apokalyptischen Überzeugen zunehmend rigoros, so dass es zum beiderseitigen, heftigen Bruch kam. Im April 1525 ließ er schließlich eine Regenbogenfahne mit lateinischem Bibelwort anfertigen, an die Kanzel stellen sowie später mit zur finalen Schlacht nach Frankenhausen nehmen. Diese Fahne ist aufbewahrt, wird allerdings in der profanisierten St. Marien-Kirche und heutigen Müntzer-Gedenkstätte aktuell nicht ausgestellt.

Dafür erzählt die Landesausstellung „freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“ an mehreren Stellen noch bis in den Herbst die europaweite Ausdehnung der sogenannten „Revolution des gemeinen Mannes“ zu deren Hintergründen und sozialpolitischen Forderungen, Gewalt-Exzessen auf beiden Seiten, aber auch Verhandlungswegen und Zugeständnissen. Nicht minder kontrastreich ist die Wirkungs- und Auslegungs-Behandlung von Müntzer als Person bzw. vom Bauernkrieg insgesamt. Tief beeindruckt von der Ausstellung in der Gedenkstätte zeigte sich die Teilnehmerin Esther Engel: „Mir wurde gezeigt, welche Wut und welche Aussichtslosigkeit und welches Leid vor 500 Jahren dort stattgefunden hat.“ Sie bedauerte jedoch – wie viele ihrer Mitreisenden -, dass die Regenbogenfahne derzeit nicht Teil der Ausstellung war.

Die Studiengruppe verfolgte passagenweise gemeinsam sowie in Kleingruppen oder Einzeln die anregenden Darbietungen im öffentlichen Raum sowie in weiteren, oft interaktiv angelegten Museen. Zum Abschluss gab es für die 19 Hessinnen und Hessen im Brauhaus „Zum Löwen“ ein deftiges Thüringer Essen und auf Wunsch das extra angesetzte „Fünfzehn 25“-Bier. Auf dem Rückweg passierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nochmals die Stadtmauer mit der – am Tag selbst feierlich eingeweihten – neuen Gedenktafel. Diese erinnert an 1525 und mahnt den Einsatz für Würde und demokratische Werte für Heute an. Für die Gruppe aus dem Vogelsberg war die Reise in die Geschichte ein „unvergesslicher Tag“, wie ein Teilnehmer sagte.

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