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Warum Weihnachten uns in Bewegung bringt

Kein Raum in der Herberge?

Wenn es draußen dunkel und kalt wird, suchen wir Licht und Wärme. Gerade an Weihnachten, dem Fest der Feste, sehnen wir uns nach Beständigkeit. Nach dem Vertrauten: die Krippe am angestammten Platz, der Klang von „Stille Nacht, heilige Nacht“, der Friede, den die Engel über den Feldern Bethlehems verkünden.

In einer Welt voller Krisen und Veränderungen soll die Kirche dieser Ort sein: ein sicherer Hafen, eine verlässliche Herberge.

Doch ein tieferer Blick in die Weihnachtsgeschichte, so wie Lukas und Matthäus sie erzählen, durchkreuzt diese Idylle. Sie ist keine Erzählung der Behaglichkeit, sondern der Unruhe, der Bewegung und des Provisoriums.

Maria und Josef sind auf Befehl einer Besatzungsmacht unterwegs, heimatlos. Der entscheidende Satz lautet: „Sie hatten […] keinen Raum in der Herberge“ (Lk 2,7). Das Etablierte, das Feste, der Ort, wo man „eigentlich“ hingehört, ist verschlossen oder überfüllt. Gott kommt nicht im Palast zur Welt, nicht im Tempel und auch nicht im sauberen Gästezimmer. Er kommt im Stall, im Futtertrog, im Prekären.

Die Ersten, die ihn finden, sind keine Insider. Es sind Hirten, die „draußen auf dem Felde“ wachen – sozial am Rande, aber mit offenem Himmel über sich. Und ihr erster Impuls? „Lasst uns nun gehen gen Bethlehem“ (Lk 2,15). Und dann die Weisen, die Namenspatrone unserer Kirchengemeinde: Gelehrte aus der Ferne, die einer Ahnung folgen und eine lange, beschwerliche Reise auf sich nehmen, um am Ende vor einem Kind niederzuknien.

Die Weihnachtsbotschaft ist von Anfang an eine Zumutung. Sie mutet uns Bewegung zu. Gott bindet sich nicht an den Ort, den wir für ihn vorgesehen haben.

Diese weihnachtliche Bewegung, dieses Aufbrechen, kommt mir sehr bekannt vor. Auch wir als Dreikönigsgemeinde sind unterwegs – gemeinsam mit unseren Geschwistern aus der Maria-Magdalena-Gemeinde und der Erlösergemeinde Oberrad. Unser Weg heißt „ekhn2030“. Wir lernen auf diesem Weg gerade neu, dass sich Kirche verändern darf, ja: muss, um lebendig zu bleiben. Wir entdecken wieder, dass wir unsere Kräfte bündeln können, ja: müssen, damit die Weihnachtsbotschaft hell strahlt.

Das bedeutet vielleicht, dass nicht mehr jede Herberge, die uns vertraut ist, jeden Sonntag wie gewohnt geöffnet sein kann. Aber sehen wir darin nur den Mangel? Oder ist es nicht vielmehr die Einladung, die auch die Hirten hörten? Die Botschaft kam nicht zu denen, die in der Herberge blieben. Sie kam zu denen, die „draußen“ waren und den Mut hatten aufzubrechen.

Wir gestalten gerade in unserem Nachbarschaftsraum neue, einla-dende Gottesdienstorte, -formate und -konzepte. Wir konzentrieren unsere Energie, um mit vielen Menschen – vielleicht mehr als bisher – lebendige Gemeinschaft zu feiern. Das ist nicht nur eine Sparmaßnahme, sondern auch eine Chance, sich neugierig machen zu lassen.

Was, wenn der Weg dorthin – vielleicht drei Kilometer mit dem Fahrrad, dem Bus oder in einer Fahrgemeinschaft – selbst zum Teil des Erlebnisses wird? Eine kleine, wöchentliche Pilgerreise? Was, wenn wir, indem wir „gen Bethlehem gehen“, nicht nur das Gewohnte wiederfinden, sondern eine neue, buntere und stärkere Gemeinschaft entdecken?

Der Friede auf Erden, den die Engel verkünden, ist nicht der Friede der Bequemlichkeit oder des „Weiter so“. Es ist der Schalom Gottes, der mitten im Chaos, im Provisorium, im Stall anbricht. Immanuel – Gott mit uns. Er war im Stall, er war auf der Flucht nach Ägypten. Er wird bei uns sein, wenn wir 2026 aufbrechen, um Kirche neu zu entdecken.

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