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Unesco-Welterbestätten

Kunst, Kur und jüdisches Leben: vier neue Welterbestätten in Hessen-Nassau

Bildquellen: gettyimages, juksy, teka77, Fundus, BC Matern, HG VorndranUnesco-WeltkulturerbeDas mittelalterliche jüdische Erbe von Mainz (links) und Worms (rechts) sowie die Darmstädter Mathildenhöhe (unten) und die Kurstadt Bad Ems (oben) gehören zum Unesco-Weltkulturerbe

In den letzten Tagen hat sich die Liste der Welterbestätten der Unesco erweitert: Auf dem Gebiet Hessen-Nassaus sind die Darmstädter Mathildenhöhe, die Kurstadt Bad Ems sowie das mittelalterliche jüdische Erbe von Mainz und Worms dazugekommen.

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Kurhaus an der Lahn. Darmstädter Mathildenhöhe

[epd/red] Die Unesco hat vier neue Welterbestätten anerkannt, die auf dem Gebiet Hessen-Nassaus liegen: die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt und Bad-Ems in Rheinland-Pfalz. Am Dienstag, 27. Juni 2021, stimmte das Welterbe-Komitee der Unesco einem weiteren Antrag zu: Jetzt ist auch das mittelalterliche jüdische Erbe von Mainz und Worms als Weltkulturerbe anerkannt worden.

Jüdische Welterbe auf deutschem Boden

Bestandteil der Welterbestätte, die das mittelalterliche jüdische Erbe würdigen, sind die alten Friedhöfe in Mainz und Worms und die Wormser Synagoge. Außerhalb der EKHN wurde auch Speyer ausgewählt, hier ist der Speyerer Judenhof mit seinem mittelalterlichen Ritualbad von großer Bedeutung. Mainz, Speyer und Worms gehören zu den so genannten «SchUM»-Stätten: Sie sind das erste jüdische Welterbe auf deutschem Boden. Im Mittelalter hatten sich die Juden aus den drei Städten am Rhein zum Bund der «SchUM»-Gemeinden zusammengeschlossen, der seinen Namen von den Anfangsbuchstaben der hebräischen Städtenamen von Speyer (Schpira), Worms (Warmaisa) und Mainz (Magenza) erhalten hatte. Die «SchUM»-Gemeinden gelten als Wiege der mitteleuropäischen jüdischen Kultur. "Die SchUM-Städte sind deswegen etwas Besonderes für das Judentum und jüdische Geschichte, weil sie im Grunde genommen etwas Visuelles darstellen: die Monumente einer jüdischen Geschichte", erklärt Aharon Ran Vernikovsky, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Mainz in einem Youtube-Film, den die Unesco veröffentlicht hat.

Protestanten in Worms und Mainz fördern heute den Dialog mit dem Judentum

Blick auf die Gegenwart: Heute fördert das Evangelische Dekanat in Mainz den Dialog mit dem Judentum, am 17. September ist beispielsweise ein interreligiöses Frauenfrühstück geplant. In Worms beschäftigt sich der Dr. Ulrich Oelschläger, Präses der Synode der EKHN, intensiv mit dem christlichen Verhältnis zum Judentum. 1994 hatte er sich sogar in Mainz berufsbegleitend an der Evangelischen Theologischen Fakultät im Fach Judaistik eingeschrieben. Zehn Jahre später schloss er dieses Studium mit einer Doktorarbeit zum jüdisch-christlichen Verhältnis ab. Im Rahmen der Luther-Feierlichkeiten mahnte Präses Oelschläger immer wieder: "Uns auf die Umkehr, den Neuanfang und den geschwisterlichen Dialog mit dem Judentum zu besinnen, ist uns im Jubiläumsjahr besonders aufgetragen.“ Dabei verwies er auch auf die entsprechende Grundartikel-Änderung der EKHN und kritisierte klar die judenfeindlichen Äußerungen Martin Luthers.

Üppige Jugendstilelemente und reduzierte Formensprache 

Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, nannte die am Samstag ausgezeichnete Darmstädter Mathildenhöhe „ein weltweit herausragendes Beispiel visionärer Gestaltungskunst“. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Künstlerkolonie eines der wichtigsten Zentren moderner Kunst und Architektur in Europa und der Welt. Persönlichkeiten wie der Maler, Architekt und Designer Peter Behrens und Mies van der Rohe prägten den Ort. Präsidentin Böhmer präzisierte: „Künstlerinnen und Architekten haben hier an der Nahtstelle von Jugendstil und Neuem Bauen Pionierarbeit geleistet.“ Deshalb sind tatsächlich Ornamente des Jugenstils zu sehen, beispielsweise ranken sich vergoldete Blüten um aufwändig gestaltete Türen und Eingangsbereiche. Wie die Website der Deutschen UNESCO-Kommission weiter ausführt, präsentierten sich aber die größten Teile der Außenwände eher nüchtern: „Klare Linien, reduzierte Ornamentik, Klinkerfriese, umlaufende Fensterfronten, Flachdächer, wie sie im Bauhaus zu vorherrschenden Stilelementen wurden, sah man erstmals in Darmstadt.“

Künstlerische Innovationen der Darmstädter Künstlerkolonie in Kirchenbauten aufgegriffen

Diese architektonischen Neuerungen hatte beispielsweise auch der Kirchenbaumeister Friedrich Pützer aufgegriffen. Das Innere der von ihm maßgeblich gestalteten Kirchen zeigten ursprünglich reichhaltige Jugendstil-Elemente in prächtigen Farben. Nach dem Krieg wurden allerdings viele Ausschmückungen überstrichen. Das Äußere der Kirchen zeigt im Kontrast zum ursprünglichen Innenraum eher reduzierte Formen und wird dem Reformstil zugeordnet. Friedrich Pützer hat die Gestaltung von insgesamt 14 Kirchen im Gebiet Hessen-Nassaus geprägt. 

Bad Ems als bedeutende Kurstadt Europas gewürdigt

Auch die Kurstadt Bad Ems wurde in die Unesco-Liste aufgenommen. Die evangelische Kirchengemeinde vor Ort gehört zum Evangelischen Dekanat Nassauer Land – und damit liegt auch diese Stadt auf dem Gebiet der EKHN. Laut Unesco-Website gehört Bad Ems zu elf europäischen Städten (Great Spas of Europe“), deren Architektur bis heute von der Bäderkultur zeugt. Zu Bad Ems gehören das Kurhaus, Kolonnaden, der Kursaal, der Kurpark sowie 15 Thermalquellen, zudem führen therapeutische Wanderwege zu attraktiven Aussichtspunkten. Aber auch mehre Kliniken wie die Hufeland-Klinik gehören zum Angebot der Kurstadt. Zum Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten trägt auch die evangelische Kurseelsorge bei, dabei werden auch Abendimpulse und Gottesdienste in der Klinik gestaltet. 

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