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Theologe Scherle mahnt neue Haltung an

„Leben als Minderheit ist christlicher Auftrag“

Volker RahnPeter ScherleDer Herborner Theologieprofessor Peter Scherle äußerte sich zur zunehmenden Verweltlichung in Europa

Der Herborner Theologieprofessor Peter Scherle hat angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen eine „neue geistliche Haltung“ in der evangelischen Kirche angemahnt. Statt Schuldzuweisungen und Resignation solle „Hoffnung" und die Orientierung an Christus das Handeln gestalten.

Frankfurt, 3. Juni 2016. Der Herborner Theologieprofessor Peter Scherle hat vor der in Frankfurt am Main tagenden hessen-nassauischen Synode angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen eine „neue geistliche Haltung“ in der evangelischen Kirche angemahnt. Die in Europa zunehmende Verweltlichung und Entkirchlichung dürfe nicht als „Versagen der Kirche oder als eine Folge schlechter Arbeit in den Kirchengemeinden, Dekanaten oder kirchlichen Einrichtungen interpretiert werden“, sagte der Theologe am Freitagnachmittag (3. Juni). Dies seien Folgen umgreifender gesellschaftlicher und sozialer Prozesse, die nichts mit der Praxis der Kirche zu tun hätten. Nach Ansicht Scherles soll die Kirche dennoch „Hoffnung ausstrahlen“ und sich an der „Weggemeinschaft der ersten Christen orientieren“. Für sie sei ein „Leben als Minderheit Ortsbestimmung und Auftrag“ gewesen. Gleichzeitig forderte der Experte für Fragen der Kirchentheorie, sich aktiv in die gesellschaftliche und politische Lage in Deutschland und Europa einzumischen. Das christliche Zeugnis in der Öffentlichkeit zu vertreten, gehöre zum Auftrag der Synode. Gefordert sei etwa ein „Eintreten für den europäischen Traum von freiheitlichen und solidarischen Lebensverhältnissen für alle Menschen“, so Scherle.

Synodale sind keine Interessensvertreter

Zuvor hatte Scherle auf die besondere Bedeutung des Zusammenspiels der verschiedenen Leitungsorgane in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hingewiesen. Obwohl die Synode vergleichbar mit einem demokratischen Parlament eine Gesetzgebungs- und eine Wahlfunktion sowie das Budgetrecht habe, übe sie keine „Kontrollfunktion gegenüber einer Exekutive“ aus. Es gehe aus evangelischer Sicht vielmehr um das „Zusammenwirken der Leitungsorgane“ wie der Kirchensynode, Kirchenleitung und der Kirchenverwaltung. Im ursprünglichen Sinne bedeute das Wort Synode zudem eine „gottesdienstliche Versammlung derer, die miteinander auf dem Weg des Glaubens sind.“ Demnach sind die Synodalen nach Scherle auch keine Interessensvertreter. Vielmehr seien sie „allein Christus verpflichtet, nicht aber bestimmten Interessen, wie zum Beispiel denen einer Region oder bestimmter Handlungsfelder“. Als Synodale repräsentierten sie „die ganze Kirche, die sich wiederum als Zeugin Jesu Christi versteht“, so Scherle.

Hintergrund Synode

Die aktuell 140 Sitze umfassende Synode ist gemäß der Kirchenordnung das „maßgebende Organ“ der hessen-nassauischen Kirche. Sie erlässt Gesetze, besetzt durch Wahl die wichtigsten Leitungsämter und beschließt den Haushalt. Als das maßgebende Organ geistlicher und rechtlicher Leitung trifft sie auch wichtige kirchenpolitische Entscheidungen. Ausschüsse und regionale Arbeitsgruppen bereiten die Entscheidungen vor. Geleitet wird die Synode vom Kirchensynodalvorstand mit einem oder einer Präses. Gemäß Kirchenordnung sollen möglichst zwei Drittel der gewählten Synodalen nichtordinierte Gemeindemitglieder sein, ein Drittel Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) reicht in etwa von Biedenkopf im Norden bis Neckarsteinach im Süden. Rund ein Viertel des Kirchengebiets gehört zwischen Diez und Worms auch zu Rheinland-Pfalz. Sie hat etwa 1,6 Millionen Mitglieder. 

Berichte über die Synoden-Tagung

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