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Bestattung

Niemand soll vergessen sein

congerdesign/pixabayDie Namen auf den Grabsteinen erinnern an die VerstorbenenDie Namen auf den Grabsteinen erinnern an die Verstorbenen

Ein zentrales Anliegen des Christentums ist es, Menschen würdig zu bestatten. Hinterbliebene brauchen Erinnerungsorte. Der Toten zu gedenken, hilft Trauernden. Mittlerweile gibt es neben der Erdbestattung alternative Bestattungsformen wie Urnengräber, aber auch den Friedwald und die Seebestattung. Manche Menschen fragen: Ist es christlich, seine Angehörigen nicht in einem Sarg zu bestatten?

„Niemand soll vergessen sein“ heißt ein neues Buch von Barbara Heuerding und Carmen Berger-Zell. Die Hessischen Evangelischen Kirchen haben zusammen mit der Diakonie Hessen dieses Buch über die vielfältigen Formen der Bestattung herausgegeben. Im Format eines kleineren Bildbandes haben die Autorinnen Texte und Fotos zum weiten Themenbereich von Bestatten, Gedenken und Erinnern zusammengestellt. Der erste Teil handelt von den Herausforderungen einer sich wandelnden Bestattungskultur. Im zweiten Drittel des Buches geht es an Beispielen um die verschiedenen Formen der Bestattung. Und das letzte Drittel handelt vom Gedenken und Erinnern. 

Wo du begraben liegst, da will ich auch sein

„Wo du begraben liegst, da will ich auch sein.“ Dieses Zitat trägt das Bild einer parkähnlichen Friedhofsanlage auf den ersten Seiten des Buchs. Der Ort der Bestattung ist der Ort, an den man eine besondere Bindung hat. Oft ist es der Ort, an dem man Heimat findet und bleibt. Der Ort der Bestattung ist aber auch ein Ort der Hoffnung, denn Christen bestatten Menschen in der Erwartung der Auferstehung. Schon das Alte Testament, das Buch von Juden und Christen, beschreibt den Kreislauf des Werdens und Vergehens: Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück. (1. Mose 3,19) 

In der Schöpfungsgeschichte macht Gott den Menschen aus Erde (1. Mose 1). Das hebräische Wort Adam bedeutet Erde. Für Christen hat die Erdbestattung eine besondere Bedeutung, zeigt sie doch, wie der Mensch wieder zu Erde wird. Daran knüpft die christliche Hoffnung, dass Gott am Ende aller Zeit alle Menschen wieder aus Erde auferstehen und neu leben lässt. Heute ist die Feuerbestattung mit der Beisetzung der Asche in einer Urne die häufigste Form der Bestattung. Die Kirchen lehnen das Urnenbegräbnis schon lange nicht mehr ab. Schließlich kennen und achten sie auch solche lebenspraktische Fragen wie Grabpflege und Kosten.

Wandel der Bestattungsformen

Die ersten Kapitel des Buches handeln vom Wandel der Bestattungsformen und von besonderen Formen der Bestattung wie Armengräbern, die es schon immer gab und heute Sozialbestattungen heißen. Und die Autorinnen berichten von neuen Bestattungsformen wie der Bestattung ungeborener Kinder. In den vergangenen Jahren sind durch Initiativen von Eltern und Pfarrern auf vielen Friedhöfen Gräber für Sternenkinder entstanden. Ausführlich setzen sich die Autorinnen mit den rechtlichen und seelsorgerlichen Aspekten der Bestattung totgeborener Kinder auseinander. Diese sind ein Beispiel für die Individualisierung der Bestattungskultur. Auch die ungeborenen Kinder sollen Namen haben und öffentlich sein. Standen früher auf den Grabsteinen unter einem Bibelwort die Namen und Daten, so findet man schon lange Berufsbezeichnungen und neuerdings auch Fotos der Verstorbenen. 

Individualisierung und Anonymisierung

Neben der Individualisierung der Gräber schreiben die Autorinnen auch das Gegenteil, nämlich anonyme Gräber unter dem „Grünen Rasen“. Tatsächlich gibt es viele Menschen, die einsam sind und niemanden mehr kennen. Andere wollen „niemandem zur Last fallen“, und viele sehen nicht die Bedeutung für andere, Namen und Orte zu haben, wo sie Verstorbener gedenken können. Die Autorinnen weisen darauf hin, dass Menschen, die alle vor Gott einen Namen haben, für die Gemeinschaft der Lebenden verloren gehen. Auch naturnahe Bestattungen wie im Friedwald oder im Ruheforst sind ein Zeichen der Individualisierung der Bestattungskultur, in der Menschen nach eigenen Ausdrucksformen suchen. Aus christlicher Sicht ist es wichtig, dass diese naturnahen Gräber außerhalb der bisherigen Friedhöfe mit den Namen der Verstorbenen gekennzeichnet werden. 

Kirchliche Friedhöfe

Seit frühchristlicher Zeit sind die Sorge um die Lebenden und die Toten Grundanliegen von christlichen Gemeinschaften. Von den bundesweit 32.000 Friedhöfen sind heute etwa 8.800 evangelische und 3.600 katholische. Auf dem Gebiet der EKHN gibt es nur acht evangelische Friedhöfe. 

Aufgaben der Kirchen

Seelsorgerinnen und Seelsorger leisten wichtige Dienste für die Sterbenden und für die Menschen, die zurückbleiben. Das beginnt beim Krankenbesuch, der schon von den ersten Christen besonders erwähnt wurde. Die Aussegnung ist ein alter Brauch, bei dem eine Pfarrerin oder ein Pfarrer ins Haus kommt, wenn ein Verstorbener vom Bestatter hinausgetragen wird. Sie begleiten die Angehörigen mit Gebet und Segen. Für Ausgetretene sehen die Kirchen keine kirchliche Trauerfeier vor. Zu bedenken ist, dass für diese Menschen nach wie  vor der Segen der Taufe gilt. Auch die Begleitung der Angehörigen gehört zu den Aufgaben der Kirchengemeinde. Wo keine Pfarrerinnen und Pfarrer anwesend sind, übernehmen zunehmend die Bestatter Aufgaben weltlicher Seelsorge.

Das Buch von Barbara Heuerding und Carmen Berger-Zell führt mit praktischen Beispielen und konkreten Friedhöfen und Gemeinden das breite Themenfeld um Bestatten, Gedenken und Erinnern aus. Sehr gründlich behandelt das Buch das weite Themenfeld um die Bestattung. Für Pfarrerinnen und Pfarrer, aber auch für Bestatter ist es eine sehr lehrreiche Lektüre. Aber auch Trauernde können dieses Buch mit großem persönlichen Gewinn lesen. „Niemand soll vergessen sein“ ist im Neukirchener Verlag erschienen und kostet 30 Euro. 

[Pfarrer Hans Genthe]

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