In den 36 Jahren seines Dienstes stets neue Herausforderungen gesucht
Pfarrer Ralf Feilen: Für ihn hat der Ruhestand nichts mit "Stehen" zu tun
H. Wiegers
10.10.2022
h_wiegers
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Gerade noch mitten im Gemeindeleben und begeistert von einer Konfirmandenfreizeit im hessischen Butzbach zurückgekommen, die er zusammen mit seinen Kolleginnen von der Johannes- und Christuskirchengemeinde in Bingen gestaltet hat – da steht für ihn schon die Verabschiedung in den Ruhestand vor der Tür: Pfarrer Ralf Feilen, als Pfarrer mit jeweils mit einer halben Stelle in der evangelischen Kirchengemeinde Horrweiler-Aspisheim und der Binger Christuskirchengemeinde verortet, wurde am 16. Oktober in der Evangelische Kirche Aspisheim von Pröpstin Henriette Crüwell in einem Festgottesdienst verabschiedet. 36 Jahre ist es her, dass der damals 28-jährige gebürtige Bad Kreuznacher in Hohenstein-Born im Untertaunus zum Pfarrer ordiniert wurde. "Damals", erinnert sich Feilen, "in den 1980er Jahren wurde diese Stelle neu geschaffen. Ich war der erste Pfarrer, der dort vor Ort gewohnt hat und gehörte zu einem der letzten Jahrgänge von Vikarinnen und Vikare, bei denen alle vier Kurse mit immerhin 100 angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer, in den Kirchendienst übernommen wurden."
Als geistlicher Begleiter Kurse „Wie geht Beten? Segnen? Trösten?“ angeboten
Vom Untertaunus ging es nach einigen Jahren nach Seckbach, einem Stadtteil von Frankfurt und dann – als langjährige Station nach Walluf in den Rheingau, wo er mit seiner Frau und seinen drei Kindern für 16,5 Jahre blieb. Hier wuchs er mit seiner Gemeinde zusammen, begleitete den Neubau eines Gemeindehauses und die Sanierung des Pfarrhauses. Gemeinsam mit dem Kirchenvorstand gründete er eine Stiftung namens "Schöne Aussichten", um die Gemeindearbeit u. a. durch die Finanzierung einer Gemeindepädagogenstelle zu unterstützen. "Das war eine reiche Zeit" erinnert er sich gerne. Seine Ausbildung zum geistlichen Begleiter konnte er in Kursen wie Exerzitien im Alltag, Pilgern und Fasten fruchtbar machen. Zusammen mit seiner Frau, Regina Gerlach-Feilen, bot er neue Kursformate unter dem Titel "Sonntags vorm Tatort" an: „Wie geht Beten? Segnen? Trösten?“.
Einsatz für die dauerhafte Einrichtung von Springer-Stellen
Aber mit 58 Jahren fragte er sich dann doch, "Soll es das jetzt gewesen sein?". Als neue Herausforderung fiel die Wahl auf eine der wenigen Springerstellen in der EKHN. Die neue Aufgabe war, Gemeinden in einer Vakanzzeit zu unterstützen und geistliche Angebote im Dekanat zu machen. Er gründete einen "Springer-Konvent" mit Kolleg*inn*en in der EKHN, nicht nur zum Erfahrungsaustausch, sondern auch um die Kirchenleitung unter dem Motto "Licht im Dunkel der Vakanzen" von der dauerhaften Einrichtung von Springerstellen zu überzeugen. Es gelang nicht, und bald spürte Feilen, der mittlerweile in seinem Elternhaus in Mainz wohnte, den "Haken" an der Springertätigkeit: die vielen, langen Autofahrten, die ihn oft in Staus beim Verkehrsknotenpunkt Frankfurt führten. Und so verortete er sich ab 2019 wieder fest als Pfarrer im Dekanat Ingelheim-Oppenheim. Übernahm zunächst die halbe Pfarrstelle in Horrweiler-Aspisheim und dann als Vakanzvertreter eine zweite halbe Stelle bei der Binger Christuskirchengemeinde. Kaum war er aber hier angekommen, machte Corona ihm einen Strich durch seine Ideen und Pläne, die er z. B. mit Filmexerzitien, für das Gemeindeleben hatte.
Trotz "Corona-Vollbremsung" viel Neues gelernt
Trotzdem ist sein Fazit positiv: Denn er erklärt, dass er in diesen letzten drei Jahren noch viel gelernt habe, z. B. wie man Konfirmanden-Unterricht oder Gottesdienste online hält. In Zeiten des Lockdowns belebte er zusammen mit Ehrenamtlichen in Horrweiler-Aspisheim den Gemeindebrief und eine Website im EKHN-Webbaukasten. Die Kirchenvorstandswahlen mussten auf digitalem Wege organisiert, das Pfarr- und Gemeindehaus – längst nicht mehr aus dem Haushalt der Gemeinde zu finanzieren – verkauft werden. Aber auch wenn Ralf Feilen Corona als "Vollbremsung" am Ende seines Berufsweges empfunden hat, so blickt er doch, kurz vor seinem Ruhestand, sehr zufrieden auf sein Pfarrersein. "Meine unterschiedlichen Stellen waren sehr anregend und die Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen haben mich persönlich bereichert."
"Da gibt es vieles, bei dem ich mich einbringen kann"
Jetzt, mit bald 65 Jahren, freut er sich wieder darauf, etwas ganz anderes zu machen. So hat er nun einen kleinen Nebenjob als Käseverkäufer im Mainzer Käsekontor, was ihn wiederum an seine Studentenzeiten erinnert, als er Biobrot auf dem Markt verkaufte. "Ehrenamtliches Engagement in Mainz zeichnet sich auch schon ab", erzählt er lächelnd, "da gibt es vieles, bei dem ich mich einbringen kann." Und schließlich sind da noch seine Hobbies, der Film, die Literatur und das Motorradfahren, und natürlich die Familie mit mittlerweile zwei Enkeln und ein Garten, der darauf wartet, neu angelegt zu werden. Kein Wunder, dass er betont, dass der Ruhestand für ihn wohl viel weniger mit "Stehen" als mit "Gehen" zu tun haben wird.