Menümobile menu
Info

Musikalischer Nachmittag in Hachenburg richtet Blick auf Geflüchtete

„Pianist aus den Trümmern“ verzaubert Publikum

bonDer Pianist Aeham Ahmad begeister die rund 130 Gäste in Hachenburg.

Wie Funken flirren die Töne durch den katholischen Pfarrhof Hachenburg. Klavierklänge, die ohne Worte Geschichten von Heimat, von Flucht, Angst und Freude erzählen. Und die einen Einblick ins Innere Aeham Ahmads geben. Ahmad ist der „Pianist aus den Trümmern“, der mitten im zerbombten Damaskus mit seinem Klavier Hoffnung in eine hoffnungslose Stadt brachte.

bonPfarrer i. R. Martin Fries im Gespräch mit der Geflüchteten Huma Aamir.

Nun war der palästinensisch-syrische Pianist zu Gast in Hachenburg: Mit seiner Musik und seiner Geschichte bereicherte er die Veranstaltung „Ankommen – wie schaffen wir das?“ des Arbeitskreises Integration und Asyl, eines ökumenischen Kreises, der sich seit rund 25 Jahren für Migranten, AsylbewerberInnen und deren UnterstützerInnen einsetzt.

Geschichten, die Mut machen

„Heute geht es um Beispiele gelungener Integration“, sagt Pfarrer i. R. und Arbeitskreis-Mitbegründer Martin Fries zu Beginn und bringt damit den Gedanken des Nachmittags auf den Punkt. Mit der Veranstaltung möchte der Arbeitskreis den Geflüchteten eine Stimme geben. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Populismus sowohl die Menschen auf der Flucht einschüchtert als auch die, die ihnen helfen. „Schon in der Bibel gilt Gewalt gegen Fremde als Zeichen dafür, dass die Menschen keine Ehrfurcht mehr vor Gott haben. Das Bewusstsein für Fremde und Heimat gehört für uns zur Grundlage unseres Glaubens“, sagt Fries.

Ein neues Leben

Ein Bewusstsein, zu dem Geduld, Zuhören, Vertrauen, Gemeinschaft, Schutz und Solidarität gehören, glaubt Martin Fries. „So lang der Weg zur Integration auch ist: Heute hören wir Beispiele gelungener Integration – Geschichten, die uns Mut machen möchten und die den Geflüchteten eine Stimme geben.“ Geflüchteten wie der 15-jährigen Asra, die 2015 zu Fuß aus Pakistan nach Deutschland geflohen ist. „Die Flucht war so schwer“, erzählt sie. „Mein Vater wurde vom Anführer unserer Gruppe geschlagen – nur, weil er eine Pause brauchte. Aber heute bin ich in Deutschland, habe neue Freunde und ein neues Leben. Das habe ich meinen Eltern und den vielen HelferInnen aus Deutschland zu verdanken. Ihr seid meine wahren Helden! Ohne Euch wäre ich nicht die, die ich jetzt bin.“

Beide Seiten müssen lernen

Auch Mariam weiß, was es heißt, die Heimat zu verlassen und auf der Flucht zu sein. Vor zehn Jahren kam sie aus Pakistan nach Deutschland, lernte die Sprache, während sie sich um ihren kranken Mann gekümmert hat. „Ich musste viel büffeln. Aber heute arbeite ich als Lehrerin und Übersetzerin. Etwas, das mir ohne die Hilfe vieler Menschen hier nie möglich gewesen wäre.“ Integration ist eben keine Einbahnstraße, sondern verlangt von beiden Seiten viel Hingabe, glaubt sie. „Damit Integration funktioniert, muss man die Kultur eines Landes kennen, die Sprache lernen, eine Arbeit finden und die Menschen respektieren.“

Freiheit, die keiner nehmen kann

Auch Aeham Ahmad hat eine Fluchtgeschichte – und verarbeitet sie in seiner Musik und in seinem Buch „Ankommen. Wie schaffen wir das?“. Dort erzählt er von der Hoffnung auf Freiheit und auf ein ungezwungenes Leben. Aber auch: von Vorschriften, Regeln und Hürden, die in Deutschland auf ihn gewartet haben. „Der Weg zur Arbeit ist lang. Wir sind dazu verdammt, herumzusitzen und nichts zu tun“, liest Christoph Bautz aus Ahmads Buch. „Doch zum Glück habe ich die Musik. Sie gibt mir die Freiheit, die mir keiner nehmen oder einschränken kann.“

Ein Stück Heimat

Die Musik ist an diesem Abend deshalb mehr als nur ein akustischer Rahmen. Aeham Ahmad erzählt Geschichten auf dem Klavier. Sein Spiel tänzelt virtuos zwischen europäischer Harmonik und arabischer Tonalität; manchmal hat die Musik etwas Eruptives, wenn er die Saiten des Klaviers mit seinen Fingern traktiert oder die Töne mit seiner klagenden, jubelnden Stimme untermalt. Dann blitzen immer wieder Fragmente bekannter Melodien auf. „Freude schöner Götterfunken“ oder „Die Gedanken sind frei“, zum Beispiel. Melodien, die die begeisterten ZuhörerInnen gerne mitsingen. Die Musik, sie verbindet und kann ein Stück Heimat sein. Für Aeham Ahmad ist sie das. (bon)

to top