Dekanatssynode
Schutzraum Kirche
sru/DekanatDieter Haag aus Langstadt (links) und Karl Scholl aus Fränkisch-Crumbach wurden von Dekan Joachim Meyer (rechts) für ihren Prädikantendienst gewürdigt.05.11.2024 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
sru/DekanatPia Gaffron, bei der EKHN zuständig für Kirchenasyle, berichtete über Verfahren und Erfahrungen.„Im Kirchenasyl bin ich neu geboren worden“, sagt Sara, eine junge Christin aus dem Iran, die im September 2016 nach Deutschland geflohen ist. Sie sollte abgeschoben werden, fand aber Schutz im Kirchenasyl. Dies ermöglichte eine erneute Überprüfung der Gründe, die gegen ihre Abschiebung sprechen. Sie hatte Glück: Heute kann sie in Frieden und Freiheit hier leben, hat ein Dach über dem Kopf, ein Auto und arbeitet als Gesundheitstrainerin. Filimon (28) aus Eritrea ist im Mai 2018 durch die Wüste und über das Mittelmeer nach Deutschland geflohen. Auch er sollte abgeschoben werden. „Kirchenasyl war für mich der letzte Weg, meine Abschiebung noch einmal überprüfen zu lassen“, sagt Filimon. Mittlerweile hat er den Hauptschulabschluss und eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer gemacht, er hat eine Wohnung und Arbeit.
Kirchenasyl ist das Hauptthema der Synode
Der kurze Film mit den Berichten von Filimon und Sara stimmte ein auf das Hauptthema der Herbstsynode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald, die kürzlich im Bürgerhaus in Klein-Umstadt tagte. In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) seien im im vergangenen Jahr 250 Menschen, darunter 56 Kinder, im Kirchenasyl gewesen, sagte Pia Gaffron, die bei der Regionalen Diakonie Darmstadt-Dieburg für das Kirchenasyl zuständig ist und als Referentin geladen war. Das Kirchenasyl sei wichtig für das Menschenrecht auf Schutz. Leider drohe geflüchteten Menschen nicht nur in ihrem Herkunftsland große Not. Auch von unseren europäischen Nachbarländern berichteten Geflüchtete und Menschenrechtsorganisationen von unzureichender Versorgung mit den elementarsten Dingen, sowie schwerer Gewalt durch Sicherheitskräfte. Derzeit bekomme sie so viele Anfragen wie nie. Pia Gaffron ist seit 2017 mit dem Thema Kirchenasyl befasst und hat schon viele Menschen begleitet. Es sei die letzte Möglichkeit, die Ultima Ratio, um denjenigen zu helfen, denen durch Abschiebung, ernste Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit sowie Menschenrechtsverletzungen drohe. Diese Härtefälle zu erkennen und Gemeinden mit dem nötigen Know-How zu versorgen, seien ihre Hauptaufgaben.
Ziel des Kirchenasyls sei, dass staatliche Verfahren nochmal neu überprüft würden, führte Pia Gaffron weiter aus. „Leute kommen ins Kirchenasyl und haben tagelang aus Angst vor einer Abschiebung nicht geschlafen. Hier haben sie Zeit zum Verschnaufen – und das ist schon ein Erfolg.“ Sie erläuterte, wie ein Kirchenasyl abläuft, was es dafür braucht und welche Regeln es gibt. „Für die Betroffenen ist Internet die Verbindung zur Welt“, sagte die Referentin – um mit der Familie Kontakt zu halten und um Deutsch zu lernen. Des Weiteren brauche es passende Räume, Helfende, die sich um die Menschen kümmern und sie mit Essen versorgen, denn diese dürfen nicht hinaus. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass der Kreis der Unterstützenden größer werde, sobald ein Kirchenasyl einmal gestartet habe, und sich Menschen einbrächten, mit denen man nicht gerechnet habe. Die Zusammenarbeit mit den Behörden ist von Anfang an gesetzt und wird durch die beiden zuständigen Ansprechpersonen der EKHN für das Kirchenasyl, Maria Bethke und Pia Gaffron unterstützt. Die Gemeinde muss das Kirchenasyl noch am ersten Tag anmelden. Danach werden die notwendigen Unterlagen für das Verfahren zusammengetragen. Diese werden dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in einem sogenannten Härtefalldossier vorgelegt.
Kirchenasyle in den neuen Nachbarschaftsräumen
In der anschließenden Diskussion plädierte Pfarrerin Charlotte Voß (Reichelsheim), die sich auch im „Verein Maqom – Kirche und Zuflucht“ engagiert, der an diesem Abend mit einem Stand vertreten war, für das Kirchenasyl. „Kirche ist ein Ort, wo Menschen aufgefangen werden“, sagte sie und warb dafür, in den neuen Nachbarschaftsräumen das Kirchenasyl möglich zu machen, da sich dort Ressourcen bündeln ließen. Die Groß-Umstädter Synodale Anette Böll berichtete, dass sie von 2014 bis 2017 einen jungen Mann im Kirchenasyl beherbergt hätten und die Wohnung seitdem immer wieder für Menschen in Not genutzt werde. Im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald gab es dort wie auch in anderen Gemeinden in der Vergangenheit Erfahrungen mit Kirchenasylen. Dekan Joachim Meyer wies darauf hin, dass das Dekanat einen Härtefallfonds habe, der auch zur Unterstützung von Kirchenasylen beansprucht werden könne. „Das Evangelium berichtet, dass die Heilige Familie mit dem Jesuskind kurz nach seiner Geburt selbst auf der Flucht vor dem Gewaltherrscher war. Es gehört zu unserer christlichen DNA, dass wir uns um Geflüchtete kümmern“, sagte der Dekan.
Sachstand ekhn2030
Mitglieder des Dekanatssynodalvorstands berichteten über den Sachstand zu ekhn2030 in den Nachbarschaftsräumen, insbesondere was die Rechtsformen anbelangt. So hat sich die Steuerungsgruppe im Nachbarschaftsraum 1 (Babenhäuser Gemeinden und Schaafheim) für die Gesamtkirchengemeinde entschieden. Die Mustersatzung ist in Arbeit, die Gemeindeversammlungen in Vorbereitung. Die Steuerungsgruppe im Nachbarschaftsraum 2 (Altheim-Harpertshausen, Dieburg, Eppertshausen, Groß-Zimmern, Messel und Münster) strebt eine Fusion an. Der Nachbarschaftsraum 3 (Groß-Umstädter und Otzberger Kirchengemeinden sowie Langstadt) ist noch im Stadium der Sondierung. Die Planungsgruppe im Nachbarschaftsraum 4 (Reinheimer Kirchengemeinden, Groß-Bieberau, Neunkirchen und Niedernhausen) hat sich für die Fusion entschieden und ist dabei, eine Vereinigungsvereinbarung zu formulieren. Im Nachbarschaftsraum 5, der die Kirchengemeinden im Gersprenztal umfasst, wird im Februar oder März eine Entscheidung getroffen.
Des Weiteren wählten die Synodalen Heide Rosewsky aus Schaafheim als stellvertretende Synodale von Sabine Langer (Groß-Umstadt) für die Landessynode. Einstimmig votierten die Synodalen außerdem dafür, rund 11.200 Euro für die FSJ-Stelle 2025/2026 im Dekanat aus dem Finanzausgleich bereit zu stellen.
In ihrer Andacht zu Beginn der Synode ging Pfarrerin Michaela Meingast (Klein-Umstadt mit Dorndiel und Raibach) auf den zurückliegenden Reformationstag ein. Musikalisch begleitet wurde sie von Pfarrer Thomas Worch (Fränkisch-Crumbach). Propst Stephan Arras berichtete in seinem Grußwort aus anderen Dekanaten und von seinen Eindrücken von einem Besuch der Nordkirche.
Würdigung von Prädikanten
Vor Beginn der eigentlichen Tagung würdigte Dekan Joachim Meyer die beiden Prädikanten Dieter Haag aus Langstadt für seinen 25-jährigen sowie Karl Scholl aus Fränkisch-Crumbach für seinen zehnjährigen Prädikantendienst. „Wo wären wir ohne Sie beide und Ihre ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen in der Verkündigung?“ Dekan Meyer dankte ihnen mit einer Urkunde und einem Präsentkorb. Karl Scholl ist seit zehn Jahren vor allem im Nachbarschaftsraum 5, dem Gersprenztal, unterwegs und unterstützte, als es personelle Nöte gab, dort auch bei Beerdigungen. Dieter Haag ist als Organist und Chorleiter vor allem Musiker – und seit 25 Jahren als Prädikant in der ehrenamtlichen Verkündigung unterwegs. „Was mich antreibt, ist die Mischung aus Priestertum aller Gläubigen und Musik“, sagte er. Karl Scholl mag den Kontakt mit den Menschen in den Gottesdiensten und ist selbst manchmal überrascht, was ihm bei der Predigtvorbereitung alles einfällt. Er sieht den Prädikantendienst als späte Berufung. „Hier fühle ich, dass ich geführt bin.“
Die Synode ist das regionale Kirchenparlament des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Es besteht aus 76 Personen und vertritt 40 Kirchengemeinden mit knapp 50.000 Mitgliedern zwischen Babenhausen und Reichelsheim.
Bei der nächsten Synode am Freitag, 21. Februar 2025, wird die neue Kirchenpräsidentin Prof. Dr. Christiane Tietz zu Gast sein.