Menümobile menu
Info

Sonntagswort: Happy Birthday, GG!

Pfarrer Johannes Hoeltz, Schulpfarrer und Schulseelsorger an den Beruflichen Schulen am Gradierwerk in Bad Nauheim, schreibt einen Impuls zum 75-jährigen Geburtstag des Grundgesetzes.

„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …. hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ - so beginnt die Präambel des Grundgesetzes. Gleich am Anfang also: Gott. Heute, 75 Jahre später würde der Gottesbezug wohl nicht mehr in eine Verfassung aufgenommen werden. Ich fände das schade.

Na klar, mag man jetzt denken, ich bin ja auch Pfarrer. Aber mir geht es nicht um das Wort „Gott“ im Grundgesetz. Mir geht es um das, was damit gemeint ist. Zu unterstellen, dass es damals darum ging, den christlichen Gott verfassungsrechtlich zu verankern, greift zu kurz. Gewiss, 1949, waren noch über 90% der Deutschen Mitglied der Kirche. Aber die Neutralität des Staates hatten die Mütter und Väter des Grundgesetzes sehr wohl im Blick.

Was ist also mit „Gott“ im Grundgesetz gemeint? Der Jurist und Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde hat das 1964 so formuliert: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Oder anders gesagt: der Staat selber kann sich die Antworten auf die grundlegenden Sinn- und Bedeutungsfragen nicht geben. An dieser Stelle ist er weder Produzent oder Garant. Das ist eine heilsame Selbstbescheidung. Ohne sie erliegt der Staat zwangsläufig der Versuchung, sich selbst zu verabsolutieren. Das war die Erfahrung der Deutschen, aus der heraus das Grundgesetz formuliert wurde.

Braucht man dafür jetzt den Begriff „Gott“ in der Verfassung? Gute Frage! Welche anderen Formulierungen fallen Ihnen ein? „Das Göttliche“, „das Transzendente“, „die höhere Macht“, „die alles bestimmende Wirklichkeit“? Spannend wäre auch, wie die ca. 40% Religionslosen in unserem Land die Frage nach den Voraussetzungen des Staates, die er sich selbst nicht geben kann, beantworten würden.

Klar ist, dass es hier nicht eine Antwort geben kann und schon gar nicht eine endgültige. Übrigens: Die Anonymen Alkoholiker, die überkonfessionell und überreligiös und an keine Institution gebunden sind, zugleich aber einen spirituellen Weg beschreiten, verwenden das Wort „Gott“ mit dem Zusatz „so, wie jeder oder jede von uns, ihn für sich versteht.“ Ziemlich clever.

to top