Blaulichtgottesdienst der Notfallseelsorge im Vogelsberg bietet Impulse, Dankesworte und Perspektiven
Strohhalme im Wasser
11.11.2024 ts Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Traditionell findet dieser Gottesdienst einmal jährlich statt, um den Einsatzkräften Trost, Mut und Segen zuzusprechen, aber auch um Dankbarkeit und Wertschätzung Ausdruck zu verleihen. Darüber hinaus werden Begegnungen und Austausch gefördert.
Thomas Schill, Pfarrer für Notfallseelsorge im Vogelsbergkreis (sowie in Gießen und dem Landkreis und der Stadt Offenbach), begrüßte namentlich viele Vertreter der einzelnen Gruppen, darunter Pastoralreferent Markus Reuter, Referatsleiter der Notfallseelsorge im Bistum Mainz, Pfarrerin Dr. Carmen Berger-Zell vom Zentrum Seelsorge und Beratung, Susanne Pfeffer für den Katastrophenschutz im Vogelsberg und Roman Eisenbach von der Polizeidirektion Vogelsberg.
Pfarrerin Verena Reeh würdigte im Gebet die vielen Facetten der Arbeit der haupt- und ehrenamtlichen Einsatzkräfte, die nicht nur Not linderten, sondern auch für die Gemeinschaft essentiell wichtig seien. Gemeinsam mit den Konfirmanden hatte sie eine Dankeschön-Aktion vorbereitet: Einzelne Vertreter alle anwesenden Gruppierungen konnten sich einen lila Schokoladenorden für ihre wichtige Tätigkeit abholen – eine Geste, die gute Laune machte und die herzliche Atmosphäre unterstrich.
Da der Gottesdienst die einzige große Zusammenkunft dieser Art unter den Einsatzkräften ist, stehen hier auch regelmäßig Personalia auf dem Programm. Dieses Mal stellte Markus Reuter die Gemeindereferentin Michaela Ziegler vor. Sie wurde vom Bistum Mainz entsendet, um als Seelsorgebeauftragte des Bistums auch im Dekanat Vogelsberg die Notfallseelsorge zu unterstützen. Die Notfallseelsorge sei ein „Herzensprojekt“ von ihr, sagte Zimmer, die sich sichtlich freute, ihr neues Amt im Vogelsberg zu übernehmen. Sie gestaltete die Schriftlesung, bevor Notfallseelsorger Jochen Tobisch einen Impuls aus seinen Erfahrungen der letzten Jahre vorbrachte.
Seit 2017 ist er in der Notfallseelsorge aktiv und kommt auf 68 Einsätze: Unfälle, Suizide und auch ein Mord zählten dazu. Er berichtete von dem plötzlichen Tod einer jungen Frau, die einen völlig fassungslosen Ehemann zurückließ. Tobisch beschrieb das anfängliche Schweigen bis der jungen Witwer sich öffnen konnte und an den Seelsorger klammerte wie an einen Balken im Meer. Er selbst habe sich wie ein Strohhalm im Wasser gefühlt; dennoch konnte er Kraft und Zuversicht vermitteln. „Es ist ein wichtiges Grundprinzip der Menschen, dass wir uns in Notlagen helfen“, so der Notfallseelsorger, der zu seiner Aufgabe passend das Bild von einem Puzzlekasten anführte, dessen lose Teile zu einem ordentlichen Bild zusammengefügt werden müssten. Wichtig dafür sei, dass die Menschen, die dies versuchen, es auch könnten; mental und fachlich. Dafür gebe es eine Ausbildung und Menschen, die unterstützen. Trotz aller Belastungen tue es am Ende gut, Menschen auf die Weise, wie es die Notfallseelsorger tun, zu helfen.
Auch ein Interview mit den beiden neuen Notfallseelsorgerinnen Anneli Becker und Yvonne Jenisch lieferte noch einmal Aufschluss über die Arbeit in der Notfallseelsorge. Sie berichten Thomas Schill, Michaela Ziegler und den Gottesdienstbesuchern von beeindruckenden Ergebnissen aus ihrer Ausbildung und Hospitation sowie ihrer Motivation. Im Anschluss wurden sie von den beiden Koordinatoren in ihr Amt eingeführt: Gottes Zusage, bei ihnen zu sein, solle sie in Ausübung ihres Ehrenamtes stärken und stützen.
Zum Abschluss des Gottesdienstes, den die Organistin Doris Kuhl musikalisch gestaltet hatte, richtete als Vertreterin des Evangelischen Dekanats Vogelsberg die ehrenamtliche Vorsitzende der Dekanatssynode Sylvia Bräuning das Wort an die Einsatzkräfte: „Nichts von dem, was Sie tun, ist normal oder selbstverständlich. Herzlichen Dank, dass Sie da sind.“