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Wechsel zum Religionspädagogischen Institut

Abschied: Matthias Ullrich ist nicht mehr Dekan

Klaus KordeschZeremonie im AltarraumIn der Friedensdorfer Christuskirche entpflichtete die Pröpstin Annegret Puttkammer Dekan Matthias Ullrich.

In einem feierlichen Gottesdienst ist am 29. Juni Pfarrer Matthias Ullrich aus seinem Amt als Gladenbacher Dekan verabschiedet worden. Er wird Studienleiter am Religionspädagogischen Institut (RPI) zunächst in Herborn und später in Gießen.

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Bagonza und Karusya halten Ullrich im Arm Gruppenbild im Grünen Zeremonie in der Kirche Dekan Ullrich auf der Kanzel

Dautphetal-Friedensdorf. In der Friedensdorfer Christuskirche entpflichtete die Pröpstin für Nord-Nassau, Pfarrerin Annegret Puttkammer, den Seelsorger. Matthias Ullrich war rund zehn Jahre als Dekan im Evangelischen Dekanat Gladenbach tätig. Er wird Studienleiter am Religionspädagogischen Institut (RPI) zunächst in Herborn und später in Gießen.

Der Verabschiedungs-Gottesdienst begann mit einer riesigen Überraschung für den scheidenden Gladenbacher Dekan: Einem im Foyer wartenden großen Geschenkpaket entstieg Pfarrer Yoram Karusya aus Tansania, der auch durch Ullrichs Initiative sechs Jahre lang im Dekanat und in der Kirchengemeinde Waldgirmes gearbeitet hatte und 2012 nach Tansania zurückgekehrt war. Mittlerweile ist Karusya stellvertretender Bischof der Karagwe-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania, mit der das Dekanat Gladenbach eine Partnerschaft pflegt. Auch Bischof Dr. Benson Bagonza – wegen einer Tagung ohnehin in Deutschland – war zur Verabschiedung gekommen.

Mit Matthias Ullrich habe er einen zuverlässigen Partner und Freund gefunden, sagte Bagonza im Gottesdienst, den die Dekanatskantorei um Kirchenmusikdirektor Burghardt Zitzmann mit mehreren konzertreifen Beiträgen musikalisch angemessen gestaltete. Der Bischof würdigte den scheidenden Dekan als Führer mit Visionen, der vieles auf den Weg gebracht habe. Darauf hatte auch schon Pröpstin Annegret Puttkammer hingewiesen, als sie an von Ullrich angestoßene Projekte wie beispielsweise „Familie leben“ oder das „Jahr der Toleranz“ und sein Engagement in Sachen Partnerschaft und Ökumene erinnerte. Ullrich sei ein Mensch, der für fröhliches Christentum ebenso stehe wie für „Um-die-Ecke-Denken“ und ein entschiedenes „Dennoch“, sagte sie. Kommissarisch werde der Dillenburger Dekan Roland Jaeckle zusammen mit dem stellvertretenden Dekan Thomas Schmidt die Amtsgeschäfte führen, gab sie bekannt.

„Gott spricht immer noch“

Einen nicht unwesentlichen Anteil wird auch Präses Joachim Lies übernehmen, der Ullrich in seiner Laudatio mit dem Schlagmann eines Ruder-Achters verglich, der sein Team und sein Boot in der Spur zu halten versuche – was Ullrich in bester Weise gelungen sei. Namens des Dekanatssynodalvorstands übergab Lies ein Gemälde der Friedensdorfer Künstlerin Jutta Bamberger, das den scheidenden Dekan bei einer Ausstellung besonders beeindruckt hatte. Landrätin Kirstin Fründt gab ihrer großen Wertschätzung für Matthias Ullrich und seine Arbeit Ausdruck und bedauerte, dass ob ihrer erst kurzen Amtszeit die Zusammenarbeit noch nicht über das Kennenlernen hinausgekommen sei. Dabei geben es viele Gemeinsamkeiten: Wie die Kirche müsse auch die Politik stets neu nach ihrem Auftrag fragen und dürfe nie nur für sich selbst da sein, sagte sie mit Blick auf das bilanzierende Presseinterview Ullrichs. Auch die demografische Entwicklung und die Sorge um die jeweilige Infrastruktur stelle Seelsorger und Politiker gleichermaßen vor Herausforderungen, benannte Fründt als weitere Parallelen. 

Nachdem der katholische Pfarrer Dr. Hermann-Josef Wagener Ullrich für die Zusammenarbeit für den Hospizdienst Immanuel und seinen großen Einsatz für die Ökumene gedankt hatte – Ullrich ist unter anderem Vorsitzender des Landesverbands des Evangelischen Bundes für Hessen und Nassau – lobte Dekan Gerhard Failing als Ullrichs Biedenkopfer Kollege die enge und intensive Zusammenarbeit: „Unsere Dekanate auf dem Weg zueinander weiterzuentwickeln, ist richtig gut gelungen“, freute sich Failing. Man sei zwar naturgemäß nicht immer einer Meinung gewesen, habe aber gemeinsam alles gut lösen können, sagte der Dekan und dankte Ullrich für das Vertrauen und die Geduld im Miteinander. Auch Pfarrer Klaus Neumeister dankte Ullrich namens der Kirchengemeinde Gladenbach, in der Ullrich eine Viertelstelle innehatte, für das allzeit offene Ohr und äußerte Verständnis für den beruflichen Neuanfang. Abschließend lobten die Mitglieder des Tansania-Arbeitskreises ihr ehemaliges Mitglied, dem sie Eigenschaften wie Natürlichkeit, Tatkraft, Achtsamkeit, Freundlichkeit und Toleranz zuschrieben. 

„Im Wechsel liegt Stabilität“, antwortete der scheidende Dekan auf die Grußbotschaften. Das Amt bleibe, auch wenn die Person wechsle, sagte er und dankte allen Weggefährten, Kollegen und Unterstützern – ganz besonders aber seinen Verwaltungs- und Bürokräften Sandra Runkel, Monika Christ und Anette Mottner, denen er Blumen überreichte. In seiner Predigt hatte Ullrich sich zuvor anlässlich des Johannestages jenem „Zweiten Jesaja“ gewidmet, dessen tiefes Gottvertrauen in den Tagen der Niederlage des Volkes Israel trotz der Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch den babylonischen König Nebukadnezar und des nahezu vollständigen Untergangs in den Worten „Verbum Dei manet in aeternum – Das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit“ bis heute spürbar sei.

„Es kann Fragen geben, bei denen wir deutlicher Nein sagen müssen“

„Trauen wir Gott zu, dass er heute noch spricht und uns neue Erkenntnisse gibt?“, fragte Ullrich. Gott spreche tatsächlich noch zu uns, doch was er sage, könne die Christen in Minderheitenpositionen bringen und drohe ihnen manches Privileg zu nehmen. Es gebe Fragen, wo Christen offen sein müssten für neue Positionen auch hinsichtlich Krieg und Frieden, Sexualität, Verantwortung und Widerstand oder der Tierethik. „Gott spricht immer noch, und vielleicht zeigt er uns, dass wir manchmal deutlicher Widerstand leisten müssen“, erklärte Ullrich: „Man darf nicht alles, was man kann.“ Tatsächlich könne Friedfertigkeit soweit gehen, auch die andere Wange hinzuhalten, und Gerechtigkeit könne wirkliches Teilen meinen und nicht nur gelegentliche Almosen. „Es kann Fragen geben, bei denen wir als Christinnen und Christen deutlicher Nein sagen müssen“, machte Ullrich bewusst.

Die vielen übrigen Grußbotschaften wurden gesammelt, so dass nach der fast dreistündigen Feier noch Raum blieb für Begegnung und Gespräch im Foyer und im Gemeindesaal. Die Kollekte wurde erbeten zugunsten der Partnerschaftsarbeit für Tansania und ergab über 1000 Euro.

 

 

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