Umweltschutz
„Billiges Essen ist gar nicht so billig“
rkankaro/istockphoto.comDie konventionelle Landwirtschaft hat sich von der Natur emanzipiert.01.06.2018 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Es ist eigentlich genug für alle da, nur nicht für jedermanns Gier“, sagt Ute Greifenstein. Die Referentin für Brot für die Welt berichtet, dass afrikanische Frauen mit 30 Liter Wasser täglich für sechs Personen auskommen müssen und 3,5 Milliarden Menschen jährlich mindestens einmal im Monat Probleme mit der Wasserversorgung haben.
Dürren und Überflutung – Zeichen des Klimawandels
Dürren und Überflutungen nähmen zu, ebenso die Wasserverschmutzung – Zeichen des Klimawandels, den der steigende Co2-Ausstoß und die Vernichtung von Co2-Speichern verursachten. 2014 seien weltweit 18 Millionen Hektar Wald abgeholzt worden, so Greifenstein, eine Fläche achteinhalbmal so groß wie Hessen. 2016 seien 29,7 Millionen Hektar Wald vernichtet worden. „Wir verbrauchen durch unsere Konsumgewohnheiten sehr viel Wasser.“ Durch den hohen Fleischverzehr oder von Erdbeeren vor der Saison aus Spanien. Greifensteins Appell: Die eigenen Konsumgewohnheiten überdenken.
„Weil wir essen, wie wir essen“
Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, zeigt ein Bild, auf dem riesige Felder mit weißgrauen Plastikfolien überzogen sind: die südspanische Provinz Almería. „Wenn Sie im Winter Tomaten kaufen oder sich an einem Gemüse- und Salatbüffet bedienen, ist dies mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit dort gewachsen.“ Bewässert werde auf Grundlage von fossilem Grundwasser aus 2000 Meter Tiefe, bewirtschaftet von Flüchtlingen aus Afrika unter schlechten Arbeitsbedingungen, so Löwenstein, „weil wir so essen, wie wir essen“.
Landwirte sind Opfer und Täter
Die Landwirtschaft sei das erste Opfer des Klimawandels und zugleich Täter. „Der konventionelle Landbau ist den Weg gegangen, sich von der Natur zu emanzipieren.“ Bei Unwettern seien die Böden durch zu viel Dünger nicht mehr in der Lage, die Wassermengen aufzunehmen, die Schlammlawinen, die aus den Kellern in den Dörfern geschaufelt würden, „waren mal Ackerboden“. Der Überschuss an Stickstoff lande als Nitrat im Grundwasser. Mit hohen Folgekosten: 1,5 Milliarden Euro müssten aufgebracht werden, damit das Wasser in den Wasserwerken nicht die Grenzwerte überschreitet. Würden all diese Kosten umgelegt, sei „billiges Essen nicht so billig“, sagt Löwenstein.
Südafrika: Strafgeld bei zu hohem Wasserverbrauch
Die Südafrikanerin Chrislyn Edson, die sich mit Artenvielfalt und Wasserökologie beschäftigt, berichtet vom Wassermangel in Kapstadt. Dort hieß es im Januar, dass im April das Wasser abgedreht werden müsse. Die Ursachen für die Wasserknappheit sind vielfältig: Durch den Klimawandel habe es am ohnehin trockenen Westkap einige Winter nicht geregnet, Kapstadt sei die am stärksten wachsende Stadt in Südafrika und auch die Touristen verbrauchten viel Wasser.
Wasserverbrauch auf 50 Liter gedeckelt
„Die knappe Ressource muss mit mehr Menschen geteilt werden und es wird nicht mehr“, sagte die junge Südafrikanerin. Also wurde der Wasserverbrauch auf 50 Liter täglich gedeckelt. Zum Vergleich: In Deutschland werden durchschnittlich 120 Liter Wasser pro Tag verbraucht, in den USA 300 Liter. Die Menschen hätten kürzer geduscht, die Toilettenspülung sei seltener benutzt worden. Die Wasseruhren seien kontrolliert und Strafen verhängt worden für diejenigen, die sich nicht daran gehalten hätten, erläutert Chrislyn Edson. Immerhin habe die Wasserknappheit mittlerweile einen sensibleren Umgang zur Folge und vorige Woche sei die erste Entsalzungsanlage für Meerwasser in Betrieb gegangen.
Qualitätsprobleme beim Wasser in Groß-Umstadt
Mengenprobleme gebe es bei der Wasserversorgung in Groß-Umstadt nicht, wohl aber Qualitätsprobleme, führte die Stadtverordnete Miriam Mohr aus. Einige Brunnen wiesen so hohe Nitratbelastungen auf, dass sie kaum mehr genutzt werden könnten. Die Stadtverordneten hätten nun entschieden, eine teure Umkehr-Osmose-Anlage zu bauen. Alternativ hätten sie dem Gruppenwasserwerk Dieburg beitreten können, was durch Leitungsbau und Anschlüsse ebenso teuer geworden wäre. Doch die Stadt wollte die Wasserversorgung in eigener Hand behalten. Im Zuge der Diskussion sei klar geworden, „dass wir das billige Schnitzel eben doch bezahlen müssen“, sagte Miriam Mohr. Und so könne die Stadt mit den Landwirten über Verunreinigungen im Gespräch bleiben.