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Zusammenfassung Frühjahrssynode

Flüchtlingspolitik angemahnt, Medienengagement gefordert, Schulen gewürdigt

Esther Stosch

Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ist am Samstag mit einer Resolution zu Europas Flüchtlingspolitik bis zur Frage nach der Gleichberechtigung in kirchlichen Gremien beendet worden.

Frankfurt a.M., 25. April 2015. Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist am Samstag (25. April) in Frankfurt am Main mit einer Resolution zur Flüchtlingspolitik, einem Appell zu verstärkter Medienarbeit, mehr Hilfen für Diakoniestationen und dem Gedenken an die Opfer des armenischen Völkermords zu Ende gegangen. Zudem wurde die Pröpstin für Starkenburg, Karin Held, im Amt bestätigt. Die aktuell 153 Delegierten des „Kirchenparlamentes“ informierten sich daneben über den aktuellen Stand der Arbeit an den fünf evangelischen Schulen. Darüber hinaus wurde auch die Diskussion über eine Neuordnung der Propsteigebiete und eine geänderte Einstellungspraxis bei dem theologischen Nachwuchs eröffnet. Die Synode entschied in Frankfurt auch, dass künftig alle Gremien mit Frauen und Männern gleichberechtigt besetzt sein sollen. Schließlich stimmte sie einer neuen Verordnung zu, die künftig nicht nur Pfarrerinnen und Pfarrern, sondern auch Angestellten im pädagogischen und musikalischen Dienst ein Recht auf eine mehrwöchige Studienzeit eröffnet. Die EKHN hat knapp 1,7 Millionen Mitglieder. Das Kirchengebiet reicht von Biedenkopf im Norden über Frankfurt bis Neckarsteinach im Süden und von Schlitz im Osten über Mainz bis Bingen im Westen. Rund ein Fünftel der hessen-nassauischen Kirche liegt in Rheinland-Pfalz.

Umdenken in der Flüchtlingspolitik angemahnt

In einer mit großer Mehrheit verabschiedeten Resolution mahnten die Synodalen ein Umdenken in der europäischen Flüchtlingspolitik an. Darin fordern sie Deutschland und Europa auf, „mehr Verantwortung zu übernehmen und konzertiert Flüchtlinge aufzunehmen“. Wichtig sei auch „eine umfassende zivile Seenotrettung in europäischer Verantwortung von der Ägäis bis zur Meeresenge von Gibraltar“. Das bisherige mangelnde Engagement sei „unerträglich und eine Schande für Europa“. Zudem solle die Staatengemeinschaft „legale und gefahrenfreie Wege für Flüchtlinge nach Europa“ eröffnen. Die derzeitige Abschottung der europäischen Außengrenzen führe zu immer mehr Toten und befördere das Schlepperwesen.

Bewussteres Engagement in Medien gefordert

Zu einem bewussteren kirchlichen Engagement im Internet, Fernsehen, Radio und den Zeitungen rief der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung vor der in Frankfurt am Main tagenden Synode auf. Er warnte davor, den Kontakt zu Teilen der Bevölkerung zu verlieren und sagte: „Wenn wir als Kirche medial nicht vorkommen, sind wir für viele Menschen – insbesondere für Jüngere – nicht mehr Teil der Wirklichkeit“. Für viele sei „das, was sie medial von Kirche wahrnehmen, die einzige Predigt, die sie hören“. Längst sind nach Jungs Meinung die Medien „nicht Ersatz oder Konkurrenz zum eigentlichen Leben“. Sie seien vielmehr „Teil der Wirklichkeit und prägen Wirklichkeit“. Vor allem das Internet beeinflusse immer stärker die persönlichen Einstellungen von Menschen. Jung plädierte deshalb dafür, die Entwicklungen der modernen Mediengesellschaft als Kirche deutlicher mitzugestalten.

Mehr Unterstützung für Diakoniestationen bereitgestellt

Die Synode beriet auch darüber, wie die evangelischen Diakonie- und Sozialstationen künftig besser unterstützt werden können. Viele der 46 Stationen der hessen-nassauischen Kirche leiden zunehmend unter dem Finanzdruck im Pflege- und Gesundheitswesen. Die EKHN will deshalb allen betroffenen Einrichtungen künftig verstärkte Beratung anbieten und ihnen auf freiwilliger Basis die Möglichkeit eröffnen, sich einer neuen kirchlichen Trägergesellschaft anzuschließen. Sie soll bis zum Sommer ihre Arbeit aufnehmen. Dafür ist vorgesehen, aus einer besonderen Rücklage bis zu acht Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Die Hilfsmaßnahmen betreffen unter anderem die Organisation und das Management der Einrichtungen. Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wird es keine Änderungen geben.

Dem Völkermord an Armeniern gedacht

Mit einem Appell, die Gräueltaten an dem armenischen Volk nicht zu vergessen und Schweigeminuten während des Glockengeläuts in der Frankfurter Innenstadt hat die Synode am Freitag an den Beginn des Völkermords vor 100 Jahren gedacht. Am 24. April 1915 begann die Verfolgung christlicher Bevölkerungsgruppen in der damaligen Türkei. Zwischen 1915 und 1919 wurden nach Schätzungen über eine Million christliche Armenier und fast eine halbe Million assyrischer, chaldäischer und griechisch‐orthodoxer Christen bei Massakern, Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen getötet. Der Präses der EKHN-Synode, Dr. Ulrich Oelschläger, erinnerte auch an die Mitverantwortung Deutschlands, dessen Bündnispartner im Ersten Weltkrieg die frühere Türkei war. „Verantwortliche Politiker, Diplomaten und Militärs des deutschen Kaiserreichs wussten Bescheid, unternahmen damals aber nichts, um die osmanischen Bündnispartner nicht zu verärgern“, so Oelschläger. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass es „bis heute in der Türkei nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist, über den Völkermord an den Armeniern zu diskutieren“.

Kirchliche Schulen als vorbildhaft gewürdigt

Die Synode würdigte auf ihrer Tagung auch die Arbeit der fünf Schulen in evangelischer Trägerschaft als „erfolgreiche Umsetzung des allgemeinen Bildungsauftrags in spezifisch kirchlicher Prägung“. Evangelische Schulen zeigten „Profil in einem pluralen und zunehmend religiös indifferenten, gelegentlich aber auch religiös radikalisierten Kontext“. Sie antworteten damit „in ganz eigener Weise auf die Herausforderungen des religiösen Wandels in unserer Gesellschaft.“ Sie setzten daneben „sichtbare Zeichen eigener Identität“ und seien „Leuchttürme protestantischer Bildung“. Darüber hinaus überlieferten sie christliche Inhalte, Werte und Haltungen. Zahlreiche junge Gäste aus dem Laubach-Kolleg, dem Evangelischen Gymnasium Bad-Marienberg, den Grundschulen Freienseen und Weitengesäß sowie der Integrativen Schule Frankfurt präsentierten ihre Arbeit vor den Synodalen an Informationsständen am Tagungsort sowie mit Musik und Diskussionsbeiträgen im Plenum.

Pröpstin Karin Held im Amt bestätigt

Karin Held bleibt für weitere sechs Jahre Pröpstin für den südhessischen Bereich Starkenburg. Die Kirchensynode bestätigte Held mit großer Mehrheit. Die 58 Jahre alte Theologin im Rang einer regionalen Bischöfin kann damit im September 2016 ihre vierte Amtszeit antreten, die bis 2022 reicht. Vor der Synode nannte sie als besondere Herausforderungen beispielsweise die zunehmende Anzahl von Menschen, die sich als „konfessionslos glücklich“ bezeichneten und die Besetzung von Pfarrstellen auf dem Land. Als Pröpstin, so versprach sie, wolle sie in Zukunft weiter mit „achtsamen Blick“ auf die Region schauen. Held hatte am 1. September 1998 ihre erste Amtsperiode als Pröpstin angetreten und war 2003 sowie 2009 von der Synode erneut bestätigt worden. Die südhessische Region Starkenburg umfasst den Odenwald, die Bergstraße und das Ried. Der Dienstsitz ist Darmstadt. Zur Propstei gehören knapp 320.000 Evangelische in 157 Kirchengemeinden mit über 200 Pfarrerinnen und Pfarrern.

Diskussion über Propsteien und Einstellungsverfahren eröffnet

Die Synode eröffnete in Frankfurt auch die Debatte über eine neue Ordnung der Propsteien. Ein erster Entwurf sieht vor, die sechs Bereiche auf fünf zu reduzieren. Die Neuordnung würde ab Ende 2017 gelten und vor allem Rhein-Main, Süd-Nassau, Starkenburg und Rheinhessen betreffen. Die Diskussion über die neuen Propstei-Zuschnitte wird ebenso wie eine neue Regelung über die Einstellungspraxis von Pfarrerinnen und Pfarrern, die eine intensivere Studienbegleitung vorsieht, auf der Herbsttagung Ende November fortgesetzt.

Geschlechtergerechte Besetzung und Studienzeiten beschlossen

Bereits jetzt entscheiden wurde über eine „Rechtsverordnung zur geschlechtergerechten Besetzung von Gremien“. Die Regelung soll zu einer gleichberechtigten Besetzung von den evangelischen Kirchenvorständen bis zu kirchlichen Stiftungsräten beitragen helfen. Ziel der Neuordnung ist es, mehr Chancengleichheit zu ermöglichen, damit Frauen und Männer gleichberechtigt Kirche gestalten und leiten können. Sie tritt 2016 in Kraft. Freuen können sich schließlich Mitarbeitende im gemeindepädagogischen und kirchenmusikalischen Dienst der hessen-nassauischen Kirche. Sie dürfen ab Juli eine bis zu sechs Wochen dauernde Studienzeit beantragen.

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