Wahlen 2013
Politisches Speed-Dating im evangelischen Gemeindehaus
Esther Stosch
09.09.2013
sto
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15 Minuten Zeit haben die Politiker, um von sich zu überzeugen. 15 Minuten, in denen sie sich den Fragen ihrer Wähler stellen müssen. Beim politischen Speed-Dating in Oberursel geht es für Wähler und Politiker auf Tuchfühlung. Statt auf einem Podium mit den politischen Kontrahenten zu streiten, steht das persönliche Gespräch im Mittelpunkt.
Politik und Kirche gehören in der Kreuzkirchen- und Heilig-Geist-Gemeinde traditionell zusammen. „Wir haben den Auftrag Menschen im Leben zu begleiten und zu stützen“, sagt Pfarrer Ralf Fettback. Dies wollen die evangelischen Gemeinden auch während der Wahl 2013 tun. Daher haben sie am 3. September fünf Direktkandidaten für den Bundestag eingeladen.
Gibt es in 15 Minuten eine Antwort auf: „Wen soll ich wählen?“
Die Wähler werden in fünf Gruppen aufgeteilt, der politische Kandidat wechselt im 15-Minuten-Takt die Gruppe. „Es geht darum Hemmungen abzubauen und die Positionen der Politiker den Wählern direkt zu vermitteln“, sagt Pfarrer Fettback. Rund 20 Menschen sind dem Aufruf gefolgt. Etwa die Hälfte besteht aus Erstwählern, wie der 18-jährige Jonathan Ruf. Er soll eine der Dating-Gruppen moderieren. Darauf achten, dass sich die Politiker kurz fassen. Fragen stellen. Auf seinem Zettel hat er Fragen rund um die Rente, das Gesundheitssystem oder die NSA-Spähaffäre notiert. Falls das Date ins Stocken geraten sollte, wird er eingreifen. Ihm selbst geht es vor allem darum, sich ein eigenes Bild zu machen. Die Frage lautet bei vielen Teilnehmern: „Wen soll ich wählen?“
Egal ob SPD, FDP, Grüne, Linke oder CDU – die Teilnehmer nehmen ihre Chance war. „Ein gerechtes Steuersystem, was verstehen Sie darunter?“, „Abhörskandal und Co. – Welche Möglichkeiten haben wir in Deutschland?“ oder „Was halten Sie vom Verbot verfassungswidriger Parteien?“ – Die Fragen sind so vielfältig wie die Positionen der Kandidaten. Die Antworten kommen genauso unterschiedlich an. Manches Mal sprechen die Kandidaten von den „üblichen Politikerphrasen“, manches Mal stimmen sie den Aussagen zu. Dabei fällt es den Politikern immer wieder schwer, sich kurz zu fassen. Sie hätten gerne mehr Zeit für ihr Botschaften.
Keine Ausreden, sondern klare prägnante Aussagen
Doch das erklärte Ziel der Veranstalter ist es, dass die Politiker sich kurz fassen. Direkt und auf den Punkt sollen die Fragen der Wähler beantwortet werden, erklärt Pfarrerin Synek. Und das Speed-Dating kommt bei den Besuchern an. „Es ist eine gute Gelegenheit mal mit seinem Direktkandidaten ungehemmt zu sprechen“, heißt es. Manch einer ist überrascht, wie sich der Abend für ihn entwickelte. So resümiert ein Teilnehmer: „Politisch stehe ich eher links, aber heute Abend haben mir der CDU- und der FDP-Mann am Besten gefallen.“
Obwohl mancher Teilnehmer gerne tiefer in die eine oder andere Thematik eingestiegen wäre, hilft der Abend einen ersten Eindruck zu finden. Am 11. September stellen sich in der Heilig-Geist-Kirche, Dornbachstraße 45, die Kandidaten für die Landtagswahl vor. Eingeladen sind Jürgen Banzer (CDU), Heike Kolter (FDP), Norman Dießner (Grüne) und Hans-Dieter Werner (Linke). Wer beim politischen Speed-Dating wirklich überzeugt hat, wird sich erst am 22. September zeigen.