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Anti-Apartheid: Politik mit dem Einkaufskorb

Mit Güte für Gerechtigkeit gekämpft

Dekanat Vorderer OdenwaldNelson Mandela bewegte sich zu den Rhythmen der Lieder, die die jungen Mitglieder der Moravian Church anstimmten. Dorothea Schmidt (rechts) gehörte zur Delegation aus der EKHN, die Südafrika 1997 besuchte

Nelson Mandela, der Kämpfer für die Gleichberechtigung zwischen Weißen und Schwarzen, ist am 5. Dezember gestorben. Mit der Aktion „Kauft keine Früchte für Südafrika“ hatten evangelischen Frauen aus der EKHN den Widerstand gegen die Apartheid unterstützt.

Peter Smola/pixlio.dePolitik mit dem Einkaufskorb

„Die Güte des Menschen ist eine Flamme, die zwar versteckt, aber nicht ausgelöscht werden kann“, lauteten Worte Nelson Mandelas. Sein Leben zeigt, wie diese Flamme auflodern und ausstrahlen kann. 26 Jahre im Gefängnis haben seine Bereitschaft zur Versöhnung nicht zerstört. „Mandela ist zu verdanken, dass die Umstellung nach der Apartheid in Südafrika friedlich verlief“, sagte Ursula Trautwein, eine der Initiatorrinnen des Früchteboykotts gegen Südafrika Ende der siebziger und während der achtziger Jahre in Deutschland.

Solidarität mit den unterdrückten Frauen in Südafrika

Von Güte und Liebe hatten sich auch evangelische Frauen in der EKHN inspirieren lassen, die den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika unterstützten. „Liebe wird zur Tat.“ Das war das Motto des Weltgebetstags der Frauen im Jahr 1977. Es war das Jahr, in dem in Südafrika 18 Organisationen des gewaltfreien Widerstands gegen das Apartheidregime gebannt hatte. Dieser Beschluss traf auch die Black Women Federation (Vereinigung schwarzer Frauen), zu der die Evangelische Frauenarbeit in Deutschland gute Beziehung hatte. „Die Frauen der südafrikanischen, schwarzen Frauenorganisationen hatten uns von den schlimmen Unterdrückungen erzählt. Sie berichteten auch, dass sie vor Ort mit Boykott reagierten, wenn beispielsweise das Brot treurer wurde“, erinnert sich Ursula Trautwein heute. Sie betont: „Uns Frauen war klar: Wir wollen beten und handeln.“ Trautwein war Mitglied der deutschlandweiten Projektgruppe, aber auch in Frankfurt am Main war sie aktiv, um die Situation der Schwarzen in Südafrika zu verbessern. Die Frau von Dieter Trautwein, dem ehemaligen Propst von Frankfurt, hatte zudem enge Verbindungen zur EKHN. Auch er setzte sich gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung ein.

Politik mit dem Einkaufskorb

Kurz nach dem Weltgebetstag haben die evangelischen Frauen in Deutschland zum Boykott südafrikanischer Waren aufgerufen. Damit wollten sie ein Zeichen der Solidarität mit den Frauen in Südafrika setzen. „Kauft keine Früchte aus Südafrika – baut nicht mit an der Mauer der Apartheid“, lautete der Slogan. Ursula Trautwein berichtet: „Wenn die Trauben und andere Obstsorten aus Südafrika kamen, verstärkten wir unsere Aktivitäten. Wir organisierten eine bundesweite Boykottwoche im März, organisierten Filmreihen und informierten vor Ort.“ Sie und weitere Mitglieder der Projektgruppe organisierten Mahnwachen, demonstrierten vor Großbanken und hielten eine enge Verbindung zu den Partnerinnen und Partnern aus Südafrika.

Ermutigung aus südafrikanischem Gefängnis für die evangelische Boykott-Aktion

Nachdem Ursula Trautwein die Einreise nach Südafrika 1984 verwehrt wurde, gelang es ihr zwei Jahre später das Land zu besuchen. „Ich hatte die Gelegenheit, Hochverratsangeklagte im Gefängnis zu besuchen“, erzählt sie. Sie schildert bewegt, wie sie mit Gefangenen sprechen konnte – durch eine Glasscheibe getrennt. Unvergessen war die Begegnung mit dem inhaftierten Widerständler und ehemaligen Fußballer Patrick Lekota. „Er sagte: Machen Sie es! Machen Sie weiter mit dem Boykott! Tun Sie es für unsere Kinder“, erinnert sich Trautwein. „Diese Aussagen waren besonders mutig, denn es war klar, dass mitgehört wurde“, erklärt sie.

Wahlbeobachterin aus der EKHN in Südafrika

Als sich 1992 schließlich der politischer Wandel in Südafrika ankündigte, beendeten die evangelischen Frauen in Deutschland den Boykott. Im April 1994 gab es die lang ersehnten Wahlen in Südafrika und Ursula Trautwein nahm als Wahlbeobachterin im Team des YWCA (Weltbund Christlicher Frauen) teil. Ursula Trautwein schildert: „Im Vorfeld gab es Auseinandersetzungen zwischen schwarzen Gruppen. Aber die Wahl verlief glücklicherweise friedlich.“ Dabei betont sie, dass der relativ friedliche Wandel vor allem Mandela zu verdanken sei.

Gegenseitiger Austausch und Unterstützung werden fortgeführt

Die Apartheid ist abgeschafft – doch das Engagement für Chancengleichheit und Gleichberichtigung zwischen Schwarzen und Weißten wird fortgesetzt. Eine der Partnerkirchen der EKHN ist die Moravian Church in South Africa (MCSA). Vor allem das Dekanat Vorderer Odenwald pflegt die Beziehungen. Anlässlich des Besuches der südafrikanischen Delegation im Rahmen des Jugendkirchentages sagte im Mai 2011 Dekan Joachim Meyer: „Die Partnerschaft mit der Moravian Church im District 3 liegt uns sehr am Herzen. Und diese Delegation ist insofern etwas besonderes, da sie aus sehr ärmlichen Kommunen mit einer hohen Kriminalitäts- und Aidsrate kommen.“

Nelson Mandela

Nelson Mandela wurde 1918 in Mvezo in Südafrika geboren und studierte im Missions-College in Fort Hare in Alice in der östlichen Kapprovinz.  Fort Hare war ein Zentrum der Opposition gegen die Vormachtstellung der Weißen in Südafrika. Hier begegnete er auch seinem langjährigen politischen Weggefährten Oliver Tambo, dem späteren Präsidenten des ANC. Hier betätigte sich auch Nelson Mandela das erste Mal politisch.
Schließlich studierte er an der Witwatersrand-Universität Jura. Schon als junger Jurastudent engagierte sich Mandela in der politischen Opposition gegen das weiße Minderheitenregime und dessen Weigerung, der schwarzen Mehrheit des Landes gleiche  politische, soziale und wirtschaftliche Rechte zu gewähren.

1944 trat er dem ANC bei. Bereits 1948 hatte der methodistisch getaufte Nelson Mandela in Südafrika die Führung der Jungendorganisation des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) übernommen, die sich für die Gleichberechtigung von schwarzen Afrikanern einsetzte. Dunkelhäutige durften damals nicht wählen, kein Land besitzen und von einer guten Ausbildung blieben viele ausgeschlossen. Ursprünglich war Mandela für den gewaltfreien  Kampf. Nach dem Massaker in Sharpeville 1960, wo unbewaffnete Demonstranten erschossen und in der Folge der ANC und verboten wurde, akzeptierten Mandela und seine Mitstreiter den gewaltsamen Kampf als Mittel des Widerstands.
Am 12. Juni 1964 wurde Mandela zu lebenslanger Haft verurteilt.  Er leistete die Strafe hauptsächlich auf der Gefängnisinsel Robben Island ab. Am 11. Februar 1990 wurde Nelson Mandela aus der Haft entlassen.

In seiner ersten Rede im Stadion von Soweto betonte Nelson Mandela bereits seine Politik der Versöhnung. Sein Ziel war ein  nichtrassistisches, geeintes und demokratisches Südafrika mit freien Wahlen und Stimmrecht für alle.

1993 erhielten Mandela und de Klerk gemeinsam den Friedensnobelpreis. Am 9. Mai 1994 wurde Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes gewählt.

Im Alter von 95 Jahren ist er am 5. Dezember 2013 im Kreise seiner Familie in seinem Haus in Johannesburg gestorben.

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