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Synodenbericht

Kirchenpräsident: Hessen und Rheinland-Pfalz sollen Flüchtlinge aus Moria aufnehmen

Kirchenpräsident Volker Jung hat am Samstag an Hessen und Rheinland-Pfalz appelliert, Hilfesichende aus dem zerstörten Flüchtlingslager Moria aufzunehmen. Im Mittelpunkt seines traditionellen Berichts zur Lage in Kirche und Gesellschaft stand aber etwas anderes.

Quelle: EKHN / von BassewitzPlenum der Synodentagung in OffenbachPlenum der Synodentagung in Offenbach

Bericht des Kirchenpräsidenten koplett zum download (pdf) 

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung hat am Samstag an Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer appelliert, Flüchtlinge aus dem durch einen Brand zerstörten griechischen Lager Moria auch über die von der Bundesregierung derzeit vereinbarten Kontingente aufzunehmen. „Was in der vergangenen Woche in Moria geschehen ist, war leider zu befürchten. Und es ist beschämend für ein Europa, das sich auch als Wertegemeinschaft versteht“, sagte er vor der in Offenbach tagenden Kirchensynode.  Schon im März hatte Jung angesichts der bereits damals dramatischen Situation auf der griechischen Insel Lesbos darum gebeten, dass Hessen die Aufnahme von 1000 Geflüchteten und Rheinland-Pfalz von 650 Hilfesuchenden zusagt. Am 8. September hatte ein Feuer das mit rund 12.500 Flüchtlingen völlig überbelegte Camp auf der Insel Lesbos zum großen Teil zerstört. Moria gilt aktuell als das größte Flüchtlingslager Europas.

Coronakrise: Kirche im Spannungsfeld

In den Mittelpunkt seines Berichts zur Lage in Kirche und Gesellschaft stellte Jung die Situation in der Corona-Krise. Dabei zeigte er die Arbeit der Kirchen in der Pandemie auf und widersprach kritischen Stimmen. „Immer wieder wird kritisiert, die Kirchen hätten in der Corona-Krise keine tragende Rolle gespielt“, sagte Jung. Wer aber auf das schaue, was in Gemeinden und Einrichtungen beispielsweise in der Seelsorge wirklich geleistet wurde, müsse zu einem anderen Schluss kommen. Sie hätten im „Spannungsfeld von Zuwendung, Gefährdungspotential und Schutz“ gestanden und mit ihrem verantwortungsvollen Handeln dazu beigetragen „eine wirkliche Katastrophe zu verhindern“. Dies sei beispielsweise in Gesprächen über die Corona-Pandemie mit internationalen Partnergemeinden beispielsweise in Italien und den USA immer wieder zum Ausdruck gekommen.

Systemrelevanz: Gefahr von Reduktion des Lebens

Jung kritisierte zugleich die einseitige Fixierung vieler auf das Thema „Systemrelevanz“ der Kirchen in der Corona-Krise und mahnte eine gründliche Auseinandersetzung an: „Dieser Begriff muss dringend noch einem geprüft und debattiert werden.“ Eine Grundversorgung der leiblichen und ökonomischen Bedürfnisse sei in der Krise zwar wichtig. Aber es dürften nicht diejenigen herausfallen, „deren Arbeit auf geistige und seelische Bedürfnisse gerichtet ist.“ Damit begebe sich die Gesellschaft in die „Gefahr einer materialistischen Reduktion des Lebens“. Auch in der Krise müsse menschliches Leben in seiner Gesamtheit im Blick behalten werden. Dazu können Kirche und viele andere wie beispielsweise die Kultur Wichtiges beitragen. Jung: „Unsere Botschaft und unsere Arbeit haben Lebensrelevanz. Sie hilft, mit Spannungen und in Unsicherheit zu leben.“

Theologie: Mit Spannungen leben lernen

Der Kirchenpräsident erteilte zugleich allen theologischen Versuchen eine Absage, die Corona-Krise „als Strafe Gottes zu deuten, wie dies jahrhundertelang geschehen ist“. Es könne nicht die Aufgabe von Menschen sein, den „strafenden oder einen in problematischem Sinn erzieherischen Willen Gottes zu ergründen“. Zielführender ist es nach Worten Jungs dagegen „uns an Gott zu orientieren, der in Jesus Christus an die Seite der leidenden Menschheit getreten ist und seinen Willen zum Leben, auch über den Tod hinaus, offenbart hat.“ Dies habe zu Folge, dass die Kirche „nicht auf alle Fragen des Lebens eine Antwort hat, sehr wohl aber Mittel und Wege mit und in diesen Spannungen zu leben“.

Dank: Großes Engagement in der Krise 

In seinem Bericht zeichnete Jung viele weitere Herausforderungen der hessen-nassauischen Kirche seit Beginn der Corona-Krise im März nach. Vor allem am Anfang sei es darum gegangen, mit vereinten Kräften Schlimmeres eine Katastrophe zu verhindern. Der Lockdown habe auch Auswirkungen auf alle Bereiche der Kirche von Gottesdiensten bis zur Arbeit in den Kindertagesstätten gehabt. In vielen Gemeinden sei sehr aktiv beispielsweise per Telefon Verbindung zu Menschen gehalten worden, die alleine zuhause waren. Es seien nachbarschaftliche Hilfedienste organisiert worden. Andachten und Gottesdienste seien im Freien oder auch vermehrt digital gestaltet worden. Dabei sind nach Worten des Kirchenpräsidenten neue Formen entstanden, die auch neue Menschen erreicht haben. Jung: „Dankbar bin ich für das große, vielfältige, kreative und – das gilt auch in einem theologisch tiefen Sinn – geistvolle Engagement in unserer Kirche“. Dabei seien ihm die biblischen Losungsworte für den 10. März zu Leitsätzen in der Krise geworden. „Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ (Psalm 27,1) und der Bibelvers „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“  (2. Timotheus 1,7.)

Bericht des Kirchenpräsidenten 2019/2020 (PDF)

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